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Hans Schabus - Verlangen und Begehren: Transplantierte Sensationen

Wer hat schon mal ein sichtbares Echo gesehen und dabei nichts gehört außer dem eigenen Schnaufen? Darf man für tröstlich halten, dass dieses Echo friedlich und schön wie ein verdientes Ornament an einem hübschen Haus zurückblinzelt, inwieweit Material eben zu blinzeln berechtigt ist? Solch ein lautloses Geräusch platziert Hans Schabus an den Anfang seiner Ausstellung „Verlangen und Begehren“ bei Engholm Engelhorn. Es lauert genau am Grund einer großen Schriftarbeit, die wie eine Spezialbackform das Wort Echo aus der Luft reißt (Echo, Aluminium, 115x250x10cm). Was ist von einer Tür zu halten, die „Up Side Down (On Knees and Nose)“ uns keine Fußsohlen und einen ungewissen Hintern vorführt? Kindern könnte man sagen, es sei eine Zieharmonika- oder Fächertür mit Spitztunnel und Griffklemme und wenn sie drauf schaukeln wollen, sollte man die Hausratsversicherung checken, aber extrem fragil sind Türen nu auch nich. Die Kinder sollten über drei Jahre sein. Spielzeug öffnet Möglichkeitsräume. Briefmarkensammlungen können zum Beispiel viele Abenteuer einleiten. Hans Schabus präsentiert sie umgedreht in zwölf Steckblättern als „Übrig geblieben (Welt)“(Briefmarken, Steckblätter, Folie, Glas, Rahmen, 101x100cm). Wir sehen also Fremdspeichel aus fremden Ländern, deren Namen wir nicht lesen können. Würden Kinder diesen Spielraum möglicher Erzählungen akzeptieren oder muß diese Arbeit als missverstandener Minimalismus irgendwann zum Tapetenornament werden? Ist es tatsächlich ein Fehler, wenn ein Bild die freundliche Unaufdringlichkeit einer Tapete bereithält, obwohl es sich dabei um getrocknete Spucke an umgedrehten Briefmarken handelt? Des Themas wegen könnte ein Esszimmer der geeignete Raum für so ein Bild werden – wenn man viel getrunken hat, kann man darüber zu streiten anfangen, ob es sich um Engel handelt und welcher der weibliche ist. Und bei genügend Respekt vor der Kunst wird wohl auch niemand auf die Idee kommen, irgendwo eine Blaue Mauritius zu entdecken. Vielleicht ist es allerdings sogar möglich, die Blaue Mauritius zu sehen? Von hinten? Könnte man aushalten, im Esszimmer geheimerweise, nämlich nur von hinten, die Blaue Mauritius hängen zu haben, und sie nicht von vorne sehen zu wollen mit allen Möglichkeiten, die man wohlmöglich hätte, besäße man die Blaue Mauritius? Falls Neugier das Verlangen ist und potenzierte Neugier das Begehren, wird man das in dieser Ausstellung als befriedigende Tatsache würdigen können.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Hans Schabus - Verlangen und Begehren
05.09 - 04.11.2008

kerstin engholm galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 3
Tel: +43 1 585 73 37, Fax: +43 1 585 73 38
Email: office@kerstinengholm.com
http://www.kerstinengholm.com
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