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Peder Balke - Ein Pionier der Moderne: Nordstern mit verzögerter Sichtbarkeit

Den schicken, kühlen Oberlichtsaal der Kunsthalle Krems füllen zur Zeit an die vierzig Landschaftsbilder des Norwegers Peder Balke (1804-1887). Was wir sehen, ist hierzulande unbekannt – und wirkt doch vertraut. Waren nicht einerseits die alten Meister mit dem klassischen Bildaufbau aus drei Farbzonen – Braun vorne, Grün im Mittelgrund und Blau als Verbildlichung von Ferne – vorbildhaft, und haben nicht andererseits zahlreiche Maler der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wie Caspar David Friedrich, Johan Christian Clausen Dahl, Carl Rottmann und William Turner ihre Spuren in Balkes Œuvre hinterlassen? Und dann steht man doch unvermittelt vor Landschaften, die man so gemalt noch nie gesehen hat. Peder Balke ist uns ein Unbekannter. Obwohl anfangs nicht ohne Erfolg – immerhin besitzt der Louvre zwei Ölgemälde und 26 gemalte Skizzen, die König Louis-Philippe 1847 erworben hat –, geriet das Werk noch zu Lebzeiten des Künstlers in Vergessenheit. Balke war viel gereist und hatte sich in fast allen wichtigen Kunstzentren seiner Zeit umgesehen: Dresden, München, Paris und London. Sogar den Nebenschauplatz Wien hat er besucht. Doch als Balke in den fortgeschrittenen 1840ern mit der Malweise zu experimentieren begann, musste er feststellen, dass seine norwegischen Zeitgenossen, die sich inzwischen für den pathetischeren Stil der Düsseldorfer Schule begeisterten, seine Kunst nicht mehr sehr zeitgemäß fanden und sogar mit Unvermögen verwechselten. Dennoch stand Balke auch in späteren Jahren in der Öffentlichkeit: durch sein Engagement als Sozialreformer. Als Maler experimentierte er nur noch fürs stille Kämmerlein. Diese Experimente sind es, die ihm heute den Ruf eines „Pioniers der Moderne“ einbringen. Schon die romantisch anmutenden Bilder vom Nordkap zu jeder Tageszeit, mit dramatischer Beleuchtung und ebensolcher Bewölkung, das viele aufgewühlte Wasser, die Einsamkeit seiner Landschaften und die Ausgesetztheit der Menschen in den Leuchttürmen und Schiffen machen neugierig auf diesen Nordstern mit verzögerter Sichtbarkeit. Doch die wirkliche (Wieder-)Entdeckung für die Kunstgeschichte sind die Landschaftsbilder ab den späten 1850ern. In ihnen ist die ganze Fülle von Balkes sehr modernem Umgang mit Farbe als Material sichtbar: durch breite Wischungen mit Bürsten, Nass in Nass-Malen oder durch Abkratzen und Zusammenschieben von Farbschichten. Landschaften entstanden aus pastoser Farbmaterie und Bild schaffenden Leerstellen. Die Analogie zwischen dem gestaltenden Wahrnehmen und dem malenden Abbilden von Landschaft wird dadurch deutlich wie selten. Obwohl die Kompositionen eher traditionell blieben, nahm Balke die gerade der Landschaftsmalerei innewohnende Herausforderung zum formalen Experiment an und überschritt damit die Grenzen der Sehgewohnheiten seiner Zeitgenossen bis zur Unverständlichkeit: das Schicksal des Modernen Künstlers schlechthin.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Peder Balke - Ein Pionier der Moderne
07.09.2008 - 15.02.2009

Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
Tel: +43-2732 90 80 10, Fax: +43-2732 90 80 11
Email: office@kunstalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: Di - So und Mo wenn Feiertag 10-18 Uhr; in den Wintermonaten 10-17 Uh


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