Werbung
,

Aus Gnade und Verzweiflung: No Risk – No Fun

Gegen den Trend zu einer Entmythologisierung der Rolle des Künstlers in unserer Gesellschaft lässt die Ausstellung „Aus Gnade und Verzweiflung. Performative Kunstvermittlung vom Sofa aus“ den Künstlermythos vom genialen Einfall wiederaufleben. In der von Herbert Lachmayer und Antonia Prochaska zusammengestellten Schau von AbsolventInnen und StudentInnen der Kunstuniversität Linz wird gegenüber künstlerischen Erfolgsstrategien, die sich an der Schwelle von Kunstmarkt und kreativem Freigeist behaupten wollen, der zündende Funke des Geistesblitzes beschwört. Materialstark, experimentierfreudig und methodisch mit Pathos aufgeladen findet durch einschlägige Zitate zur Strapazier- und Leidensfähigkeit aktueller Künstlerexistenzen ein Streifzug quer durch die Kultur- und Popgeschichte statt. Kurios treffen Zitate von Gaston Bachelard, oder Georg Trakl auf lyrische Textpassagen von Bob Dylan oder den Talking Heads. Die Grenzen zwischen den Disziplinen Installation, Performance, Malerei, Fotografie und Video werden von KünstlerInnen wie Martin Music, Karoline Rudolf, Marlies Stöger, Margit Nobis oder Jakub Vrba ebenso aufgehoben, wie sarkastisch bis heiter der eigene Status als Künstler infrage gestellt und nach einem Künstlerprofil mit Rückgrat Ausschau gehalten. Weshalb von den KuratorInnen polemisch der Umweg über Klischees vom Künstler als Genie genommen wird, ist angesichts der konzeptuellen und rechercheintensiven Ausgerichtetheit einzelner Werke nicht immer nachvollziehbar. Der Mythos von der genialen Idee wird in den Werken selbst als Werkzeug und nicht zur Selbstdarstellung genützt. Der Einsatz von Materialien wie Parkbänke in der Installation von Christine Pavlic und deren unübliche Bearbeitung durch rote Stickereien lenkt die Aufmerksamkeit auf die zwiespältige Allianz, die zwischen dem Willen zur Originalität und einer Auswertung gesellschaftlicher Zwänge liegt. „Provinz ist kein Ort sondern ein Zustand“, lautet die künstlerische Diagnose. In „Thinking about movie making“ (1998-2008) verwandelt der Filmemacher Siegfried Fruhauf komplexe Beziehungen von Denkprozessen in eine Slowmotion Animation, indem er Bilder einer Gehirntomographie als Ausgangsmaterial nimmt. Katharina Gruzei eignet sich in „re-presenting“ (2006/07) durch die Technik der Ferrotypie den Ikonenstatus des Westerhelden an, um selbst als Heldin zu posieren. Anstelle eines Colts tritt eine Spiegelreflexkamera, ihr Gewehr ist ein Stativ. Slapstickartig hingegen wirken die Aufnahmen von Agnes Miesenbergers Installation und Performance „Dirty dancing“ (2006). Als Parodie auf den gleichnamigen Kultfilm der 1980er Jahre und auf Fernsehshows wie Starmania bietet eine Hebeinstallation als „Lift Machine“ die Möglichkeit sich in die Höhen eines Schwebezustandes zu versetzen. In luftige Regionen zieht es auch Martin Music mit „Music in the sky“ (2005), um damit die existentielle Gefährdung der Künstlerfigur als Ikarus zu persiflieren. Dem thematischen Überbau der Ausstellung können sich die einzelnen Positionen zwar kaum entziehen, als Talentbörse funktioniert dieser Einstieg ins Galeriesystem dennoch.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Aus Gnade und Verzweiflung
19.09 - 18.10.2008

Charim Galerie
1010 Wien, Dorotheergasse 12
Tel: +43 1 512 09 15, Fax: +43 1 512 09 15 50
Email: info@charimgalerie.at
http://www.charimgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-14h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: