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Berlin im Licht: Wotan und Glühstrumpf

Nichts weniger als eine Geschichte der modernen Metropole anhand ihrer Beleuchtung schreibt das Märkische Museum mit seiner Jubiläumsausstellung „Berlin im Licht“. Das vor 100 Jahren eröffnete Museum versammelt unter diesem Titel, 80 Jahre nach der gleichnamigen Werbewoche, deren damaliges Sujet auch das Ausstellungsplakat ziert, mehr als 1400 Objekte, die ein großes Zeitbudget erfordern. Selten genug bietet sich die Gelegenheit, Glühstrümpfe, „Wotan“- und „Auer-Glühfadenlampen“ aus der großen Zeit der Umspannwerke und Gasometer im Original zu sehen, ebenso wie Zwanziger-Jahre-Neonlüster aus dem modernistischen Shellhaus und von Peter Behrens entworfene Elektro-Wasserkessel und Werbeplakate für AEG, plus Edvard Munchs Portrait des Juniorchefs und späteren deutschen Außenministers Walther Rathenau. Reportage-Fotoserien bilden den Alltag in Berliner Lampenfabriken ab, andere das Elend des Arbeiter-„Milljöhs“ mit seinen funzelig erhellten Einzimmer-Löchern. Neben dieser Kulturgeschichte des modernen Lichts umfasst die von einem vielköpfigen Kuratorenteam betreute Ausstellung viele auch autonom rezipierbare Einzelthemen des erst durch umfassende Erhellung ermöglichten modernen Großstadtlebens, etwa ein ausführliches Panorama der legendären Berliner Vergnügungspaläste und Cabarets der wilden Zwanziger; Neonreklame und hinterleuchtete gläserne Geschäftshaus-Fassaden; die Lichtthematik der klassischen Moderne von der „Gläsernen Kette“ bis zu László Moholy-Nagys „Licht-Raum-Modulator“, oder, in diesem Zusammenhang eher schon zu umfangreich, das „Lichtspiel“ (inklusive benutzbarem Diorama!) mit seinen Aufführungsstätten. Dem Licht-Glamour der Weimarer Republik folgten zuerst Albert Speers „Lichtdome“, dann die Verdunkelung im „Totalen Krieg“. Wenig tröstliche Nachfolge: die gleißend helle Beleuchtung der Berliner Mauer. Demgegenüber fällt die Gegenwart, vergleicht man etwa mit der Ausstellung des Stuttgarter Kunstmuseums zu Architektur im Licht, eher ab. Nach mehrstündigem Besuch des Erdgeschosses vermag man für die zahlreichen Nachtfotoserien zeitgenössischer Künstler vielleicht auch einfach nicht mehr die nötige Aufnahmebereitschaft aufzubringen. Beeindruckend sind zu guter Letzt noch die multimedialen Lichtkonzepte, in die verschiedene Künstler Räume des neogotischen Museumsgebäudes gehüllt haben.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Berlin im Licht
24.06.2008 - 01.02.2009

Märkisches Museum / Stadtmuseum Berlin
10179 Berlin, Am Köllnischen Park 5
Tel: +49 (0)30 24002-162
Email: info@stadtmuseum.de
http://www.stadtmuseum.de
Öffnungszeiten: Di, Do, So 10:00 - 18:00, Mi 12:00 - 20:00, Fr, Sa 14:00 - 22:00


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