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Thomas Hirschhorn - Das Auge: Blut, Konsum und Ideologie

In der Wiener Secession wird gerade eine Installation von Thomas Hirschhorn gezeigt und auch diesmal gibt es wieder stellenweise den Eindruck einer Bastelschau. Das dominierende Thema ist die Farbe Rot: Rot wie Blut und rohes Fleisch, Rot als Nationalfarbe, Rot als Verpackungsmaterial von Coca Cola - Synonyme für Leben und gewaltsamen Tod, Nationalismus und einen weltumspannenden Konsum-Imperialismus. Den Raumgrenzen sind teilweise mit roter Quadrierung mauerartig bemalte Wände vorgeblendet, darüber hängen Transparente mit Aufschriften wie „Urlaub von der Revolution“, in Rot natürlich. Stellwände im Saal sind über und über mit Ausschnitten aus Zeitungen und Zeitschriften sowie Fotos bedeckt, auf denen sehr häufig etwas Blutiges oder Totes zu sehen ist: „’Das Auge’ sieht nicht alles - aber es sieht alles, was Rot ist“ (Hirschhorn). Und rot sind: Erschlagene Robbenbabys, Opfer von Gewalt, Krieg und Terrorismus, diverse Flaggen, und jede Menge schematischer und stilisierter Kram, der im Ausstellungsraum steht, hängt oder liegt und auf die globale Allgegenwart von Rot verweist: Verkehrsschilder, Kartonherzen, anatomische Modelle mit aufgemalten Blutgefäßen oder einfach Globen mit Blut darauf, alles Rote zumeist auf einem weißen Untergrund wirkungsvoll platziert. Dazu gibt es eine Parade von Schaufensterpuppen mit Pelzen und Plüschtierrobben, an denen rote Farbe wie Blut herunter läuft, mitten drin immer wieder Reihen von weißen Plastiksesseln mit auf die Lehnen montierten Kartonköpfen, fotografierte Allerweltsgesichter in Lebensgröße darauf: Pappkameraden vor dem Schauspiel dieses höllischen Spektakels. In die Leerstellen auf den Sitzen sind wohl die umher blickenden Besucher der Installation mit hinein gedacht. Den Dokumentationen mit blutigen Opfern brutaler Gewalt – manche Zeitungsfotos zeigen derart grauenhafte Verstümmelungen, dass man unwillkürlich denkt, dass es vermutlich gar nicht einfach war, so viele davon zusammen zu tragen – werden unreflektiertes Konsumverhalten und blanker Voyeurismus gegenüber gestellt. Jeder darf sich bei der Nase nehmen. „Kunst entsteht aus Empörung“, schrieb Hirschhorn 2002 einer Interviewerin für die NZZ in ein E-Mail. Die politisch engagierte Installation „Das Auge“, sein raumgreifendes, begehbares Modell einer von der symbolmächtigen Farbe Rot beherrschten Welt, ist inhaltlich reflektiert und visuell überwältigend zugleich. Sehr lobenswert.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Thomas Hirschhorn - Das Auge
05.07 - 04.09.2008

Secession
1010 Wien, Friedrichstrasse 12
Tel: +43 1 587 53 07, Fax: +43 1 587 53 07-34
Email: office@secession.at
http://www.secession.at
Öffnungszeiten: Di-So 14-18 h


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