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Moscow World Fine Art Fair: Der Euro rollt auch in Moskau

650.000 Euro für eine A4-große Venedig bei Nacht-Ansicht, eine Million für ein Schiff vor Capri – für Ivan Konstantinowitsch Aivazovsky kann man in Moskau fast jeden Preis verlangen und tut es auch. Auf der Moscow World Fine Art Fair, die gerade ihr fünfjähriges Bestehen feiert, decken sich Moskaus Reiche mit allem ein, was man für ein schönes Heim so braucht. Da gibt man auch gerne ein bisschen für einen guten Zweck ab. 300 Euro kostete die Eintrittskarte für das gerade einmal zwei Stunden dauernde Pre-Opening am Montagabend. Danach gab es etwas zu Essen, aber nur für diejenigen, die noch einmal 8.000 Euro für einen Tisch bezahlten. Die Summe mag etwas übertrieben erscheinen, verglichen mit den Preisschildern im Umfeld ist sie jedoch eher Kleingeld. Die ganze Riege ist angetreten – Tiifany, Graff, Harry Winston, Van Cleef & Arpels etc. pp. Denn an kaum einem anderen Ort treffen die Liebe zum Geschmeide und die nötige Kaufkraft so geballt aufeinander. So hat Moussaieff aus London und Genf ein nach eigenen Worten weltweit einmaliges Paar Ohrhänger mit je einem 30-Caräter Colorless D flawless Golconda-Diamanten. Der Preis liegt im zweistelligen Millionbereich – Euro. Tatsächlich gekauft wird bei den ausländischen Ausstellern in Moskau allerdings nichts. Aus zollrechtlichen Gründen wechselt hier kein Stein offiziell den Besitzer. Alles wird nach Ende der Messe wieder aus Landes gebracht und anderswo fakturiert. Das gilt für Angewandte und Bildende Kunst mit seinen 58 Ausstellern ebenso. Die Preise sind auch hier zum Teil astronomisch – Millionenwerke sind fast an jedem Stand zu haben, außer bei den Galerien für Zeitgenössische Kunst. Auf die könnte man allerdings gut verzichten, auch wenn die vier großen Moskauer Galerien XL, Aidan, Guelmann und Regina dabei sind. Mit der nur zehn Tage vorher stattfindenden Art Moscow ist die alteingessene Konkurrenz nicht mehr einzuholen. Interessanter ist das Angebot des Kunsthandels - neben den Russen vor allem der Pariser. Die Qualität kann mit den Preisen oft nicht mithalten, doch insgesamt ist die Auswahl beeindruckend. Immerhin gibt es Ausnahmen. Bei Rudolf Budja aus Salzburg etwa ist eine Marilyn von Andy Warhol aus der 250er-Auflage für 160.000 Euro zu haben. Das entspricht ungefähr dem aktuellen Auktionskurs des Siebdrucks. Einige alte Bekannte sind ebenfalls wiederzusehen. So hat Ivan Lindsay aus London einen hochkarätigen Wanderpokal an der Wand, der bereits unter anderem in Palm Beach zu sehen war. Die Madonna mit Kind und Johannesknaben Andrea del Sartos wurde dort von Whitfield angeboten und sollte 10 Mio. Dollar kosten. Jetzt ist fuer 9 Mio. Dollar zu haben. Am gleichen Stand gibt es ein düsteres Stilleben mit Totenschädel, das Picasso 1943 malte, als er in das von Deutschland besetzte Paris zurückgekehrt war. Die Nature morte au crane et au pot war mit einem Zuschlag bei 760.000 Euro ohne Aufgeld bei Lempertz zwar 2004 teuerste Gemälde auf dem deutschen Auktionsmarkt, jedoch immer noch recht preiswert – die allgemeine Preisexplosion folgte erst im Jahr darauf. Lindsay verlangt für das Bild jetzt 9 Mio. Dollar. Er ist übrigens einer der wenigen, die in Dollar auspreisen. Wie auch „draußen“ in Moskau wird in der Manege überwiegend in Euro ausgepreist. Zu den weiteren Absonderlichkeiten gehört die Präsentation des Aurora Fine Art Fund. Das Unternehmen zeigt die nach eigenem Bekunden wichtigste Sammlung russischen Emails aus seinem Bestand. Sie ist unverkäuflich, zumindest im Moment. Zu gegebenem Zeitpunkt möchte man sie dann einmal veräußern, am liebsten geschlossen oder in größeren Teilen. Eilig hat es der geschlossenen Fond damit jedenfalls nicht. Muss er wohl auch nicht, denn zu den Eignern soll der Oligarch Viktor Vekselberg gehören. Einstweilen scheint das Fondsvermögen auf den Virgin Islands gut aufgehoben.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Moscow World Fine Art Fair
27.05 - 02.06.2008

Moscow World Fine Art Fair
Moskau, Manege
http://www.moscow-faf.com/


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