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Tiefenrausch - Linzer Unterwelten: „Linz im Dauerrausch“ - Kunst in abkühlenden Unterwelten

In Kooperation mit Linz 09 als europäische Kulturhauptstadt setzt das OK nach Schaurausch 2007 mit Tiefenrausch das Vordringen von Kunst an außergewöhnliche Spielorte unter dem urbanen Motto „Kunst in die Stadt!!“ diesen Sommer fort. Ansonsten nicht mit Kunst assoziierte, zum Teil durch ihre nationalsozialistische Vergangenheit verdrängte Orte wie der Aktienkeller als weitläufige historische Stollenanlage, das Kanalsystem der Linzer Landstraße, Krypten oder Schächte bilden die Schauplätze. Mediale Erfahrungsräume eröffnen sich im Wechselspiel mit Video- und Soundinterventionen sowie Installationen von KünstlerInnen wie Hito Steyerl, Xuan Kan, Anne & Patrick Poirier, Peter Weibel, Herwig Turk, Klub Zwei, Tim Sharp oder Renate Herter, welche unter anderem diffizil die dringliche Frage nach dem latenten Verlust des privaten und politischen Gedächtnisses aufwerfen. Als Contra zum „Strom des Vergessens“ konzipiert, werden im Aktienkeller weitläufige Imaginationsräume geschaffen und Konfrontationen mit Erinnerung und Vergessen, Tod und Vergänglichkeit gesucht. Eine Flüchtlingsbaracke in der Nähe von Sarajevo wird von Sejla Kameric in ihrer Videoinstallation „Dreamhouse“ (2002) zum Ausgangspunkt der Thematisierung dessen, wie der Zustand von Vertriebenen zwischen traumwandlerischen Zukunftsglauben und brutaler Erinnerungsbewältigung schwankt. Einen sich von üblichen Medienbildern emanzipierenden Blick wirft die Videoprojektion „In Transit“ (2008) von Lida Abdul auf die von Gewalt traumatisierte afghanische Gesellschaft. Gezeigt wird, wie Kinder Kriegsrelikte im Spiel in kreative Prozesse einbinden. Hito Steyerl thematisiert in „Journal No. 1 - Artist‘s Impression“ (2007) wie subjektiv sich Erinnerung gestaltet. Das Dekodieren und Entziffern von Ruth Schnells Lichtobjekten „Disappearance“ (2008) ereignet sich in Sekundenschnelle und löst durch eine minimale Bewegung bereits wieder ein Verschwinden der Signalwirkung aus. In Kurt Hentschlägers audiovisueller Installation „Zee“ (2008) erzeugen künstlicher Nebel und Stroposkope diffuse Lichtblitze. Man bewegt sich zögernd durch einen grellen Lichttunnel, der einen wie eine imaginierte Jenseitserfahrung völlig auf sich selbst zurückwirft. Ein Netz von visuellen und akustischen künstlerischen Interventionen spannt sich so durch die Stollen unter dem Botanischen Garten, in welchen man durch eine Wendeltreppe schließlich wieder ins Sonnenlicht taucht. Ins Stadtbild gerückt wird das unterirdisch verlaufende Kanalsystem entlang der Linzer Landstraße, indem als künstlerische Interventionen Kanaldeckel durch rote Kunststoffrohre ersetzt und mit Soundchoreografien oder Videoinstallationen bespielt werden. Miguel José Gonzalez Gonzalez Installation „7,5°“ (2008) simuliert einen Durchblick durch den Globus, indem man bei dem Blick in die Kanaltiefe auf den Himmel über Wellington in Neuseeland in Echtzeit stößt. Aufgemischt wird das quer durch die Stadt verlaufende Projekt „Tiefenrausch“ durch eine breit gefächerte kulturhistorisch konzipierte Faszinationsgeschichte des Unterweltlichen im OK als temporäres Museum der Unterwelten. Laut Friedrich Nietzsche spiegeln sich deren Abgründe im eigenen selbst wider. Vom Tunnelblick eines Kanalvideos des Künstlerduos Fischli & Weiss über den durch Rohrinstallationen verlaufenden Tiefenklang der Alien Productions reicht das Spektrum im OK bis zu Reliquien der Bergbaukunde als Metaphern für eine Ideengeschichte der Aufklärung. Wie der Topos der Unterwelten im Hollywood-Film in unterschiedlichsten Genres aufgegriffen wird, verfolgen Christoph Draeger und Heidrun Holzfeind in ihrer Videoinstallation „Tales from the Underworld“ (2008) durch Found-Footage-Material in welchen Déja-Vu-Effekte durch Szenen aus Murnaus Nosferatu, Barbarella oder South Park entstehen. Auf dem OK Platz sorgt ein mit 40.000 Liter Atterseewasser gefüllter Tauchturm für weitere Abkühlung an heißen Sommertagen.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst

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Tiefenrausch - Linzer Unterwelten
30.05 - 31.07.2008

OK Linz
4020 Linz, OK Platz 1
Tel: + 43 732 7720-, 52502
Email: info@ooelkg.at
http://www.ooekultur.at
Öffnungszeiten: Di, So, Fei 10-18 h


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