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Moderne auf der Flucht - Österreichische KünstlerInnen in Frankreich 1938-45: Fluchtperspektiven

Mit dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland begann ein weltweiter Ausnahmezustand, der Millionen Menschen auf die Flucht, in den Krieg und die Mordmaschinerie der Konzentrationslager trieb. Wie sich die Erfahrung der Emigration in Entwicklung und Werk österreichischer KünstlerInnen einschrieb, die zwischen 1938 und 1945 nach Frankreich emigrierten, zeigt die Ausstellung „Moderne auf der Flucht“. Andrea Winklbauer kuratierte die Schau, die den Spuren von 24 KünstlerInnen auf ihren Wegen ins Exil folgt. Sie führen in drei Etappen von Wien nach Paris, an die Côte d’Azur, bis nach Casablanca, New York und Mexico. Am Beginn steht ein Epilog im Wien der Vorkriegszeit, das sowohl als Sehnsuchtsort in der Erinnerung als auch in der Ausstellungsgestaltung (Conny Cossa) ständig präsent bleibt. Unter den Glasplatten typischer, runder Kaffeehaustische finden sich Dokumente, die das persönliche Umfeld einzelner Künstler illustrieren, wie in einer Speisekarte lässt sich dazu Biografisches nachblättern. Die Fotos und Bilder an den Wänden aber geben aus diversen individuellen Blickwinkeln eine präzise Bestandsaufnahme des emigrantischen Lebensgefühls an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit wieder. Es ist eine illustre, bunt gemischte Gruppe, deren Schicksale sich hier berühren, kreuzen und wieder verzweigen. Bekannten Größen wie dem Surrealisten Wolfgang Paalen, den Fotografinnen Lisette Model, Dora Kallmus alias D’Ora, die auf die bromsilbrig illuminierte Inszenierung der Celebrities ihrer Zeit spezialisiert war und Trude Fleischmann begegnet man hier ebenso wie den Malern Willy Eisenschitz, Josef Floch und Lilly Steiner. Außerdem werden bisher kaum Bekannte dem Vergessen entrissen. John H. Popper ist einer von ihnen. Er machte das Foto am Cover des Katalogs: ein Mann am Ufer der Seine, man sieht ihn von hinten. Schwarzer Mantel, ein Fuß auf der Kaimauer, eine Angel in der Hand. Dunkel spiegelt sich die Silhouette einer Kirche im Wasser, tiefschwarz zieht sich ein Baumstamm durch das Bild. Links versinkt ein zweiter Angler im Schatten. Eine andere Pariser Aufnahme zeigt einen Clochard am Wegrand und steht damit in starkem Kontrast zu den mondänen Motiven, die Popper in Wien ins Auge stachen. Auch Kurt Husnik, der die Arbeit von Abel Gance am Set zum Film „J’accuse“ und die Internationale Surrealismusausstellung fotografisch dokumentierte, lässt sich hier entdecken. Lilly Joss Reich porträtierte Albert Einstein, ihr sind auch die Fotos von Oswald Haerdtls Cafe Viennois bei der Pariser Weltausstellung zu verdanken. In ihrem New Yorker Exil setzte sie in atmosphärischen Bildern Fernand Léger und anderen Bewohnern des Big Apple ein bleibendes Denkmal. Als sie ihr Augenlicht verlor, gab sie ein höchst erfolgreiches Buch heraus: The Viennese Pastry Cookbook. Nach dem Krieg kehrte Dora Kallmus nach Österreich zurück, wo sie Flüchtlinge porträtierte. Diese und viele andere Geschichten erzählt „Moderne auf der Flucht“.
Mehr Texte von Isabella Marboe

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Moderne auf der Flucht - Österreichische KünstlerInnen in Frankreich 1938-45
04.06 - 07.09.2008

Jüdisches Museum Wien
1010 Wien, Dorotheergasse 11
Tel: +43(1) 535 04 31, Fax: +43(1) 535 04 24
Email: info@jmw.at
http://www.jmw.at
Öffnungszeiten: So-Fr 10-18, Do 10-20 Uhr, Sa geschlossen


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