Jens Kastner,
Punk - No One is Innocent: Kreative Kraterlandschaften
Punk im Museum – das ist sicherlich einer der brüllendsten performativen Widersprüche, den das kulturelle Feld zu bieten hat. Zumindest auf den ersten Blick, denn da stehen sich Destruktion und das Bewahren gegenüber, das Proletariat dem Bürgertum und der Müll dem Kulturgut.
Der Katalog zur Ausstellung beginnt zwar mit einem Zitat des Anarchisten Michail Bakunin über die schöpferische Kraft der Zerstörung. In der Halle allerdings ist dann eigentlich das Gegenteil zu sehen – die zerstörende Kraft des Schöpferischen. Die Schau geht nicht Bakunins Enkelinnen und Enkeln nach, also dem politischen Flügel einer aufmüpfigen Jugendbewegung. Die in dieser begründeten und bis heute fortweilenden Do it Yourself-Netzwerke und -Praktiken hätten einer These des Poptheoretikers Greil Marcus sicherlich Plausibilität verliehen: Dass Punk u. a. auch eine Reaktion auf die uneingelösten Versprechen der – anarchistischen – Spanischen Revolution von 1936 war. Aber Greil Marcus hat auch noch andere Thesen, auf die sich der Kurator Thomas Mießgang sehr wohl bezieht. Vor allem auf die von der Verbindung künstlerischer Avantgarden und Punk. Die Aufmerksamkeit der Ausstellung liegt also nicht nur auf den Anfängen in den späten 1970er Jahren in London, Berlin (West) und New York, sondern auch auf den ersten beiden Begriffen ihres Untertitels „Kunst – Stil – Revolte“. Und da hat sie ihre Stärke, so dass der „Rotten Bar“, ein auf den Sex Pistols-Sänger anspielende Schokoriegel in Tony Ourslers Installation „The Loner“ von 1980, noch recht frisch wirkt.
Jon Savage, schriftgewaltiger Chronist der Bewegung, hat eine Serie Pentax-Fotografien in schwarz-weiß beigesteuert. Darauf zu sehen sind jene heute längst gentrifizierten innerstädtischen „Kraterlandschaften“ (Savage), in und aus denen der Punk entstehen konnte. Subkultur und Kunstszene, Mode und Musik flossen von dort aus ineinander. Das vermittelt die Ausstellung durchaus – und macht mit dem Fokus auf die kreative Negation auch den Abstand von Punk und Kunstmuseum etwas kleiner. Dass dabei auch Exponate wie das „Stahlschlagzeug, ca. 1980“ der Berliner Band Einstürzende Neubauten präsentiert werden wie in einer Ethnoschau, ist wohl unvermeidlich. Um Gruppenrituale zu veranschaulichen, braucht es eben Gegenstände. Und unschuldig ist eh niemand.
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Punk - No One is Innocent
16.05 - 07.09.2008
Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h
16.05 - 07.09.2008
Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h