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Julian Opie - Recent Works: Im Mangaland der Kunstgeschichte

Auch hier werden Parameter für eine Kunst des 21. Jahrhunderts formuliert. Ein konzeptueller Hintergrund für diese extrem vereinfachten Bild-Botschaften, die sich gegen den Strudel unaufhaltsamer Informationsbeschleunigung mit den Mitteln äußerster Reduktion behaupten liegt in der Pop Art. Diffizile kulturhistorischen Rückbindungen verbunden mit einem spielerischen Unterlaufen semantischer Konventionen laden die piktogrammähnlichen Arbeiten des britischen Künstlers Julian Opie auf. Das Obergeschoß des MAK bietet die topografischen Möglichkeiten, um den Werkgruppen und Serien den entsprechenden Raum zu gewähren. Hier eröffnet sich Opies komplexe diskursive Praxis, die seiner Reduktion auf das Minimale vorangeht. Die Arbeiten, welche nach kunsthistorischen Genres grob in Landschaften, Porträts und Akte unterteilt präsentiert werden, lassen sich in Schichten lesen. Sowohl historisch wie auch produktionstechnisch. Denn bloß im Andocken an die visuellen Manöver der Warenwelt ist Julian Opie der Pop-Art nahe. Sein zentrales Ausdrucksmittel basiert auf der Zeichnung und deren Transformationen in Parallelwelten des Manga, in Licht-, Medien- und Rauminstallationen, in stilistische Analysen signifikanter Beispiele aus dem Kanon der Kunstgeschichte und nicht zuletzt in ikonoklastische Kommentare zu den Zeichensystemen der Warenwelt und der Verdinglichung des Körpers. Allzu logisch erscheint es, wenn sich im Zeitalter der Omnipräsenz des Flachbildschirms kleine, fast unauffällige digitale Animationen als ironische Überraschungseffekte in die verglasten Tafelbilder des Künstlers einschleichen oder die Silhouette monoton tanzender Frauen in die coole Grammatik der LCD-Anzeige übersetzt wird. Einer aktuellen Porträtserie in traditionellen Bildformaten dagegen liegen barocke Motive zu Grunde; etwa Werke des Niederländers Sir Peter Lely (1618–1680). Ebenso persönlich ausgeführt sind auch Julian Opies eigene Porträtzeichnungen. Mit dicken Strichen und Farben wie in Comic-Heften. Zumeist ergeben sie sich aus Begegnungen des Künstlers mit Freunden, Bekannten und Passanten. Nicht anders als in Ausstellungen der klassischen Moderne oder eben der Pop-Art wird somit auch die Marke Julian Opie offeriert. Genau durch die Zuspitzung auf das extrem Zeichenhafte. Allerdings vollzieht Opie einen idenditätspolitischen Schlenker, indem er seinen Figuren Charakter und Individualität belässt. Dabei jedoch verwickelt er sich in eklatante Widersprüche, wenn er für seine Akte mit von ihm ausgewählten weiblichen Models arbeitet und diese dennoch bloß auf ihre Körperformen im Lap-Dance an der Stange reduziert. Im Resonanzraum der Kunstgeschichte wiederum wäre diese Dominanz des männlichen Blicks nicht besonders. Im Kontext der Ausstellung bleibt die Rezeption zumindest kontrovers. In Kontrast dazu und in ihrer Vielschichtigkeit Herausragend dagegen sind Opies feine Transformationen und Reinterpretationen klassischer zeichnerischer Werke japanischer Meister aus dem 19. Jahrhundert. Diese Arbeiten Opies sind Teil einer ungewöhnlich umfassenden und tiefgreifenden Bearbeitung des Charakters und der Geschichte der Zeichnung in kulturellen Vergleichen in West und Ost sowie unter verschiedenen historischen Koordinaten. Ein essentieller Text dazu, verfasst von Timothy Clark im Katalogbuch, erweitert den Blick auf Julian Opies Arbeit, an der man wegen Ihres Gestus der Vereinfachung nur allzu leicht vorüber sieht.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Julian Opie - Recent Works
11.06 - 21.09.2008

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
opie=nopie
asger jorn | 19.07.2008 12:10 | antworten
lieber herr schöny, von zeichnung dürften sie ja wirklich nicht die leiseste ahnung haben, ohne ihnen ihre kulturhistorischen interpretatios fähigkeiten aberkennen zu wollen - und bitte mal ernsthaft: der opie holt wirklich niemanden mehr hinterm ofen hervor. man könnte es auch so formulieren, die platitüdenmalereien auf high tech materialien die nun sagen wir mal auch autokarosserien schmücken könnten sind doch nur - entschuldigen sie mir den "platten" ausdruck, geilheitsgelüste eines maroden und selbstgefälligen direktors welcher nun noch zwei weitere jahre schlechte ausstellungen planen darf. was kommt wohl als nächstes? franz west wie er ein auto mit lack besudelt, im beiwohnen der seitenblicken-gesellschaft? ein ferrari vom peter noever vielleicht? ... hochachtungsvoll, ihr asger jorn

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