Alexander Lass,
Am Rande des Versuchs
Einführend sei erwähnt, dass sowohl die heutige Bundesministerin Claudia Schmied, als auch Kunst-/Kulturtreibende von ihrer Berufung in das Kabinett Gusenbauer ein wenig überrascht waren. "Sudern ist das Wort der Stunde. Kaum ein Kommentar kommt ohne es aus", schreibt Armin Thurnher. Dieses ist keine einfache Aufzählung in Schwarz-/Weiß Schattierungen, sondern ein Versuch einer Bestandsaufnahme:
Die Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur hatte im Jänner 2007 einen verzögerten Start - nicht negativ und positiv. Wie auch? Eher abwartend und respektsvoll reagierten die selbst erwählten und honorigen Kommentatoren. Der beliebte Stehsatz von 100 Tagen Einarbeitungszeit wurde der schwer einzuschätzenden Schmied natürlich eingeräumt. Aber was wurde von ihr erwartet? Utopische Erhöhungen der Kunstförderungen, für jeden Sammler ein eigenes Museum? Allgemeiner Kanon: bemüht, versiert, offen und ehrlich. Nein, eher ein "Ausmisten" und Aufbrechen von leider schon zu lange bestehenden Seilschaften, die sich durch das ganze Land und durch alle politischen Kolorierungen ziehen. Hier wurde der große Wurf nicht vollbracht.
Genügend Baustellen, die von ihren Vorgängern Elisabeth Gehrer und Franz Morak hinterlassen wurden, sind bislang halbherzig bearbeitet worden. Wie kann Schmied und ihr Kabinett Veränderungswillen und eigenen Tatendrang beweisen, der breite Resonanz haben kann? Die im Jahr 2001 von Morak eingerichtete Künstlersozialversicherungs-Fonds (KSVF), wäre eine Möglichkeit. Sie hatte das hehre Ziel, Künstlern Zuschüsse zur Pensionsversicherung zu zahlen, wie sie jeder Angestellte durch den Arbeitgeber zu Pensions- und Krankenversicherung erhält. Es entwickelte sich ein Widerspruch. Rund 5.000 Künstler hatten Zuschüsse empfangen - nun sollte knapp ein Drittel von ihnen, rund 1.500, diese zurückerstatten. Die meisten, weil sie zu wenig verdienten, um die Mindestgrenze zu überschreiten, die für Zuschüsse im Fonds gilt. Hier wollte die Ministerin ansetzen und verkündigte am 1. März 2007, den Mindestbetrag abzusetzen und den KSFV reformieren. Ein interessantes "Papier" mit schlauen Überlegungen wie die Ausweitung der Zuschüsse auf Kranken- und Unfallversicherung und die Anrechnung von Stipendien und Preisen für das Einkommen legte das Ministerium vor.
Rücksicht aus Koalitionsgründen?
Die Weiterentwicklung der Künstlersozialversicherung bringt "Verbesserungen" für den heutigen Bedarf an Lebensumständen, sagt Schmied. Nur ist die Mindestgrenze bis heute noch nicht gefallen und die Ministerin flüchtet sich in die Interpretation von Rechtsgutachten. Momentan wird diese "Baustelle" im Parlament diskutiert. Es wird geunkt aus Rücksicht der Person Morak keinen kompletten Neustart zu wagen. Dies ist der Makel von Claudia Schmied. Akzente zu setzen, heißt angriffig zu werden. Ihre beiden Vorgänger bewiesen Kanten und hatten damit aber Profil. Schmied beweist eher "soft skills" in ihren Geschäftsfeldern. Der rote Faden zieht sich durch alle Schmied`schen Geschäftsfelder: die Museumsreform stottert, die Neubestellung und Auswahl des mystizierten Direktorsposten des Kunsthistorischen Museums (KHM) wird als Gesellenprüfung angesehen. Heiße Eisen und nun die Leopoldische Königsfrage: Kunstraub oder nur ein kleines Missverständnis? Die Grundregeln sollten für alle gelten! Sowohl staatliche oder private Sammler müssen sich den erst spät einberufenen Restitutionsgesetzen folgen. Hier beweist die Ministerin Übersicht und Coolness. Sie sagt kühn, aber messerscharf, dass in der Causa Albin Egger-Lienz "Grundlegendes" passieren wird. Bereits vor der Tätigkeit der Ministerin, gab es fundierte, mediale Berichte, dass hier etwas "stinkt". Schmied hat es sicherlich nicht leicht, strahlende Reformen über Nacht zu bringen. Sie ist keine Erzwingerin, sondern eine fundierte, konsensorientierte Sachpolitikerin, die das große Rampenlicht meidet. Ein Charakter mit Inhalt, aber wenig Strahlkraft: Ihre Gegner, Verbündeten und Kritiker erwarten aber geführt und gleichzeitig missverstanden zu werden. Denn nur dann kann ordentlich gesudert und gejammert werden. Schmied braucht Zeit und breite Unterstützung. Nur hat sie auch im eigenen näheren Umfeld? Politische "Freunde" verhalten sich auffällig distanziert zu ihr - ein Schachzug Richtung Nachfolge!?
Die nächsten Wochen werden Klarheit in heiklen Fragen bringen.
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