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Andreas Fogarasi. 2008: Der Grammatik von Räumen auf der Spur

Mit welcher Konsequenz Andreas Fogarasi die Grammatik räumlicher Displays untersucht erweist sich neuerlich in dessen aktueller Ausstellung in der Wiener MAK Galerie. Nach seiner Annäherung an die Innenarchitektur von Budapester Kulturzentren mit der Videokamera setzt er seine Untersuchungen zum Begriff der Modernität in öffentlichen Handlungsräumen fort. Diesmal mit der Fotokamera. Und diesmal mit dem Fokus auf scheinbar unterschiedlich determinierte Lokalzusammenhänge. In zwei rigide gehängten und in der MAK Galerie einander gegenübergestellten jeweils 40-teiligen Fotoserien fokussiert Fogarasi zum einen die Ausstellungssituationen und Inszenierungen im Pariser Autosalon "Mondial de l'Automobile" 2004. Zum anderen das "Pacific Design Center" in Los Angeles, das auf die Handschrift des argentinischen Architekten Cesar Pelli zurückgeht und 1972 geplant wurde. Dass Fogarasi sich nach seiner Analyse von Räumen mit sozial codierten Funktionen, die tendenziell als positive Relikte des Realsozialismus gelten, nun dem ökonomisch auf Verkaufszahlen ausgerichteten Szenario einer Automesse zuwendet, mag als Provokation erscheinen. Genauso wie die Gegenüberstellung der in Paris entstandenen Bilder mit den in West Hollywood situierten Design-Schauräumen überraschend wirken könnte. Doch genau daran liegt die Herausforderung seiner visuellen Operationen und sozialhistorischen Recherchen. Andreas Fogarasi eröffnet ein Koordinatenfeld, in dem er die Befragung von Oberflächen anregt und für deren kritische Lektüre plädiert. Immerhin wird im Pacific Design Center durch die Vermischung verschiedener Funktionen Business kulturell codiert. Fogarasi entschlüsselt dies in Nahaufnahmen mit Verweisen auf den trivialen Alltag oder durch die Ablichtung von Aufschriften wie "to the trade". Umgekehrt zeigen seine Fotografien aus Paris, welche Suggestivkraft temporäre Architekturen entfalten, die oft nur für wenige Tage aufgebaut sind. Mythen von Geschwindigkeit, von Durchfahrbarkeit und nicht zuletzt von Exklusivität werden hier in Form theatralischer Aufbauten aktiviert. Diese Fotoarbeiten lassen vermuten, wie genau Andreas Fogarasi die mit dem fotografischen Sondieren solcher Raumdisplays verbundenen Fallen mitreflektiert. Um die intendierte Wirkung ihrer Oberflächen adäquat kommunizieren zu können, weicht er einem nüchternen, kritisch dokumentarischem Stil aus. Stattdessen versucht er eine gleichsam emphatische Annäherung, ohne jedoch die Zeichenagglomerationen stilistisch zu überhöhen, wie dies etwa in der Fotografie moderner Architektur betrieben wird. In einer fast verführerischen Bildsprache lässt er die Grammatik der untersuchten Räume evident werden. Erweitert wird die Ausstellung übrigens durch ein Interview, das Andreas Fogarasi mit dem Designer Peter Ghyczy geführt hat. In Buchform liegt es auf einem von Fogarasi am Rand des Ausstellungsraums an die Wand montierten Tisch auf. Anhand der Geschichte eines eiförmigen, poppigen Designsessels der 1970er Jahre wird das Kommen und Gehen von Moden im Realsozialismus diskutiert. Vollkommen unprätentiös fungiert das Büchlein als Bindeglied zwischen jenen Themen, die Andreas Fogarasi in seinem Werk bearbeitet, und dem MAK mit dessen Sammlung zur Design- und Architekturgeschichte hergestellt. Aus diesem fast unauffällig situierten Bindeglied ergibt sich aber auch die Frage, warum eine Ausstellung wie diese, als Einzelposition in den Kellerräumen des MAK präsentiert wird; und nicht im Rahmen eines umfassenderen Projekts zum Thema der Überschneidung von Kunst, Architektur und sozialen Zusammenhängen. Dass dieses Thema virulent ist, illustriert bereits einige in diesem Zusammenhang stehende Programmpunkte der MAK Gallerie. Kaum etwas würde gegen eine breitere, gültige Aufarbeitung mit kommunizierten Thesen sprechen.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Andreas Fogarasi. 2008
09.04 - 14.09.2008

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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