Werbung
,

Moderner Stil und Heimisches Bauen. Architekturreform in Graz um 1900: Wie Heimatbegriffe abstrahiert werden

Die Konzentration auf einen mittelgroßen Schauplatz bei der Betrachtung von künstlerischen oder architektonischen Entwicklungen bietet nicht selten die Chance einer neuen Betrachtungsweise jenseits der überkommenen Hagiografie der Moderne. So auch in diesem Fall: Hier steht Graz um 1900 im Zentrum. Am Anfang steht die Frage, ob und wie Einflüsse der Wiener Moderne, das heißt vor allem der Otto-Wagner-Schule, und der deutschen Reformarchitektur der Jahrhundertwende rezipiert wurden. Große Bauprojekte wie der secessionistische Anbau des Grand Hotels Wiesler (Marcel Kammerer) und das Parteihaus der steirischen Arbeiterschaft (Hubert und Franz Gessner) werden in ihrer Planungs-, Bau- und Rezeptionsgeschichte in niemals langatmiger Genauigkeit behandelt. Antje Senarclens de Grancy untersucht anschließend die Umstände, die zur Dominanz eines Heimatschutzstils süddeutscher Prägung in der Steiermark führten. Die Termini der \"Heimat\" und des \"Bodenständigen\", die in diesem Zusammenhang den auch für Architekten wie Adolf Loos relevanten \"genius loci\" nach der Jahrhundertwende sukzessive ersetzten, wurden in Form einer künstlichen, abstrakten Idee von Heimatlichkeit umgesetzt. Dafür wurden die selbst bereits weniger für Authentizität als für konstruierten Traditionalismus stehenden Formen des Heimatschutzstils Münchner Prägung übernommen, überkommene Grazer Bauformen wie beispielsweise die \"Grabendächer\" aber zugunsten des aus Frankreich stammenden Mansarddachs ignoriert. Senarclens de Grancys Buch, das eine vorbildliche Exaktheit in der Betrachtung seines Gegenstands ebenso wie ein diesem stets angemessener Blickwinkel kennzeichnet, macht nicht zuletzt deutlich, welchen - nicht selten widersprüchlichen - ideologischen Vereinnahmungen Architektur immer ausgesetzt ist. Antje Senarclens de Grancy: \"Moderner Stil\" und \"Heimisches Bauen\". Architekturreform in Graz um 1900, (Kulturstudien Sonderband 25) Böhlau-Verlag, Wien 2001
Mehr Texte von Iris Meder †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: