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Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond - Impressionistinnen: Geschlecht und Genie

„Deutschlands Picasso war eine Frau“, hallte es letzten Sommer durch die deutschen Feuilletons, als man an mehreren Orten Paula Modersohn-Becker dem interessierten Publikum vorführte. „Impressionismus ist weiblich“ tönt es nun aus Frankfurt, wo sich mit Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès und Marie Bracquemond gleich deren vier Impressionistinnen in der Schirn Kunsthalle ein Stelldichein geben. Hat die Kunstgeschichtsschreibung womöglich übersehen, dass sich das 19. Jahrhundert gegen Ende hin doch noch zur Sache der Frauen wandelte? Keine der genannten Künstlerinnen galt es für die Frankfurter Schau zu entdecken, denn keine von ihnen ist jemals in Vergessenheit geraten, ob sie verkannt oder unterschätzt waren, sei dahingestellt. Alle vier haben sie im Pariser Salon ausgestellt, alle vier erfuhren von der Kritik sowohl Lob als auch Tadel, und alle vier verkehrten ganz selbstverständlich in den Kreisen der Künstlerschaft an der Seine. Den vier Impressionistinnen sind nun am Main vier voneinander unabhängige monographische Ausstellungsteile gewidmet. Die Themen der Künstlerinnen hingegen bewegten sich in jenen Dimensionen in denen sich eine Dame von Stand und Anstand eben bewegt, ein Künstlerinnenleben zwischen Mutterschaft, Haushalt und Garten, dem Besuch in der Oper, feinfühligen Portraits und duftigen Stillleben. In vielem entsprachen die Motive durchaus denen ihrer männlichen Kollegen, und auch stilistisch ließe sich die eine oder andere Übereinstimmung ausmachen. Berthe Morisot, beliebtes Modell ihres späteren Schwagers Edouard Manet, zählte von Beginn an zum Kreis der Impressionisten. Ebenso wie Mary Cassatt konnte sie am Ende ihres Lebens, in dem sie es übriges beide zu einem Schloss brachten, über ein umfassendes Oeuvre zurückblicken. Anders als Morisot hatte Cassatt allerdings der künstlerischen Freiheit und Unabhängigkeit willen auf finanzielle Zuwendungen ihrer Eltern sowie auf eine Ehe verzichtet. Ihre von japanischen Farbholzschnitten inspirierte Graphikserie ist eine der interessantesten bildnerischen Aufzeichnungen des bürgerlichen Alltages der Frau im ausgehenden 19. Jahrhundert. Eva Gonzalès, die einzige Manet-Schülerin, ist viel zu früh verstorben, als dass man absehen hätte können, was aus ihrem Talent noch geworden wäre. Marie Bracquemond hingegen hatte auf den Druck ihres Ehemannes, des Porzellanmalers und Graphikers Félix Braquemond, hin bald auf eine weitere künstlerische Tätigkeit verzichtet, doch schon zuvor driftete dieses Werk in eine Richtung, die dem Ehemann wohl eher zusagte. Hätte man in der Frankfurter Schau auf die allzu üppige Verwendung eines feministischen Jargons der Siebziger Jahre verzichtet, womöglich wäre es eine wunderbare Ausstellung geworden. „Le génie n’a pas de sexe“ – Das Genie hat kein Geschlecht, urteilte Kaiserin Eugénie in einer glücklichen Stunde der Kunstgeschichtsschreibung gegenüber der Pariser Tiermalerin Rosa Bonheur. Und das war immerhin eine Generation vor dem impressionistischen Kleeblatt.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond - Impressionistinnen
22.02 - 01.06.2008

Schirn Kunsthalle Frankfurt
60311 Frankfurt am Main, Römerberg
Email: welcome@schirn.de
http://www.schirn.de
Öffnungszeiten: Di - So 11.00-19.00 Uhr, Mi - Sa 11.00-22.00 uhr


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