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Bildpolitiken: Sammlerobjekte

Hannah Höchs Scrapbook, Pablo Picassos ethnologische Sammlung, die Musterbücher des Mittelalters: Kunstproduktion und Sammeln waren schon immer einander verbunden. Die sehenswerte Ausstellung mit dem etwas in die Irre leitenden Titel „Bildpolitiken“ (Kuratorin: Hemma Schmutz) im Salzburger Kunstverein geht diesem Verhältnis in der Gegenwartskunst nach. Den Anstoß dazu gab Boltanskis berühmtes „Les Regards“ – überdimensional vergrößerte Augenpartien von zum Tod verurteilten Holocaust-Opfern, die als Fotoarbeiten über Eck an der Wand hängen. Das Spannende an der Schau ist, dass manche Exponate dezidiert nicht Kunst sind, sondern die (Bilder-)Sammlungen der KünstlerInnen. So etwa im Fall von Ines Doujak, die auf einer Wand liebevoll Zeitungsausschnitte, Kunstpostkarten, Bänder mit Saufsprüchen und comichafte Schriftzüge arrangiert. Ähnlich sieht Stefanie Seibolds – diesmal allerdings ein deklariertes Kunstwerk – „Reader“ aus, ein beeindruckendes Sammelsurium von Bildern, die in einem Queer- und Gender-Kontext stehen: Etwa ein Transvestit „in der Rolle von Lindsay Lohan als Marilyn Monroe“ auf einem Bett, ein Foto von der trotz Schminke äußerst männlich wirkenden Direktorin von Abu Ghraib oder das Cover der Zeitschrift „Flash Art“, auf der ein Drag King abgebildet ist. Marcin Maciejowski dagegen sammelt Bilder von Waffen und, ebenfalls, Zeitungsausschnitte, Isa Genzken New-York-Fotografien, die sie selbst geschossen hat, Lia Perjovschi Globen – auf Zigarettenpackungen sind diese ebenso abgebildet wie auf Küchentüchern, Recyclingboxen, Spielzeugen, Handtaschen, Bleistiftschachteln: Offenbar möchten die Hersteller derartiger Produkte deren „weltumspannende“ Bedeutung demonstrieren. Beim Großteil der Sammelobjekte erscheint dies freilich ziemlich lächerlich, wie Perjovschis Arbeit auf lapidare wie eindrucksvolle Weise vorführt. Obwohl es einige qualitative Ausreißer gibt – etwa Daniela Comanis Diaprojektion, die ziemlich banal und eher willkürlich Medienbilder von Frauen aneinanderreiht – ist eine konzise, konzentrierte Ausstellung gelungen, die – auch – künstlerische Arbeitsprozesse sichtbar macht.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Bildpolitiken
24.04 - 06.07.2008

Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h


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