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Mahrem - Anmerkungen zum Schleier: Schleierkämpfe

Der Kolumnist der "Presse" fühlte sich gestört. Gestört durch die Frauen in Burkas und Tschador, die im August des Vorjahres seiner Meinung nach geradezu in Pulks die Wiener Innenstadt überschwemmten. Frauen, die ihm erschienen "als hätte sie jemand in einen Ballen Tuch gewickelt und nur einen Schlitz für die Augen freigelassen". Bedauerlicherweise, so der Autor weiter, wirke dieser "Aufzug" eher "abstoßend, um nicht zu sagen obszön". Man braucht jedoch nicht einmal so weit zurückzugehen: Gerade dieser Tage wurde eine Zeugin von einem Prozess ausgeschlossen - weil ihr Tschador, so hieß es, verhindere, dass das Gericht ihr Mienenspiel beobachten kann. Es gibt kein anderes Kleidungsstück, das so derart aufgeladen ist wie das mehr oder weniger große Stück Stoff, das ideologieübergreifend als Symbol der Unterdrückung gesehen wird: Zumindest in dieser Hinsicht sind Alice Schwarzer und H. C. Strache einer Meinung. Und wie bei der Abtreibung, über die sich auch großteils Kirchenvertreter und männliche ÖVP-Politiker äußern, ist auch die sogenannte Kopftuchdebatte in diesem Land geprägt von den Kontroversen zwischen westlich-säkularen KommentatorInnen. Der Ausstellung "Mahrem. Anmerkungen zum Schleier" im project space ist freilich nicht daran gelegen, das Kopftuch an sich zu verteidigen. Mit Künstlern und, mehrheitlich, Künstlerinnen, die aus islamischen Ländern kommen - die meisten von ihnen leben heute im Westen - delegiert sie aber die Diskussion zumindest an die Experten. Tatsächlich finden sich auch zahlreiche spannende Arbeiten: Etwa der zwänglerische "Schleierkampf", den Nezaket Ekici vollführt, indem sie ihr Kopftuch aus dem Gesicht schlägt oder aber die umgemodelte Werbung für ein großes Modehaus: In der Interpretation von Shahram Entekhabi wird die knappe Kleidung der Frau zum Tschador, der Kopf des Mannes dagegen ganz überpinselt - letzteres in Anspielung auf den Umgang amerikanischer Behörden mit Gefangenen. Kutlug Atamans bekanntes "Women Who Wear Wigs" passt nur bedingt in diesen Kontext, ebenso wie die Zopfskulptur von Mandana Moghaddam. Dennoch: Zur sogenannten "Kopftuch-Debatte" trägt diese Ausstellung gewiss mehr bei als so mancher Edelfeder-Rülpser.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Mahrem - Anmerkungen zum Schleier
24.01 - 16.03.2008

Kunsthalle Wien Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz/Treitlstraße 2
Tel: +43 1 52189-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 11-19, Do 11-21 h


Ihre Meinung

3 Postings in diesem Forum
umscwung
light | 09.03.2008 04:04 | antworten
das theater um das kopftuch zeigt mal wieder unsere intoleranz gegenüber anderen kulturen...solangsam sollte doch endlich mal ein umschwung in unserer gesellschaft stattfinden.jeder hat das recht so zu leben und sich zu kleiden wie er möchte!
konfus
desiree | 13.03.2008 08:39 | antworten
ja da hast du recht! interessant zu sehen wie zurückgeblieben einige leute sind. leben und leben lassen hat in diesem land nciht wirklich viel bedeutung so wie es aussieht und kopftuch ist anscheinend eine geladene waffe für die meisten, sowie wie es hier festgehalten wurde. soviel zum thema TOLERANZ!
kunst
tom | 13.03.2008 08:41 | antworten
was alles unter "kunst" so seinen platz findet ist echt faszinierend! schade und traurig, dass dafür das kopftuch zum gelächter wird!!

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