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Peter Tscherkassky - From A Dark Room: Arbeit am Laufbild

Die Filmarbeiten von Peter Tscherkassky scheinen ihre Rezensenten in einen Sprachtaumel zu versetzen. Fast in jedem Text rast, lauert, schleicht, schlägt oder schleudert es. Als hätte der Experimentalfilmer und promovierte Philosoph noch mehr verbalen Zerreißproben vorbeugen wollen, zeigt er nunmehr einige seiner weltweit viel beachteten und prämierten Filmarbeiten in einer Galerie und zwar auf eine Art und Weise, die den Prozess der Werkentstehung in den Fokus rückt. Das bedeutet: Film(ausschnitt)e werden - bis auf zwei Ausnahmen - von DVD auf Monitoren gezeigt. Daneben stellen Leuchtkästen das physische Filmmaterial aus, das den jeweils gezeigten Filmausschnitten entspricht. Die visuelle Analyse der Laufbilder bewirkt eine doppelte Desillusionierung: Ihrer optimalen Vorführsituation ledig, vollziehen die Filme - Kader für Kader - einen "Striptease". Jede Diszipin hat ihre Mythen, ihren Habitus. Der Habit des Films ist der dunkle Kinosaal. Tscherkassky verzichtet darauf nur ausnahmsweise. In Opposition zum Vormarsch der digitalen Bildgenerierung hat er sich seit gut 10 Jahren der Arbeit an der Physis des Mediums verschrieben. Er verwendet ausgewähltes Found Footage - wie Sergio Leones Italowesternklassiker "The Good, the Bad and the Ugly" -, um das, was Film ist, um und um zu wenden. Wie er das macht, legt er in der Ausstellung offen. Eine Vitrine enthält sein Arbeitswerkzeug, zu dem weder Kamera noch Schneidetisch gehören. Mehrere Leuchtkästen zeigen das durch händisches, teil mit einem Laserpointer vorgenommene Umkopieren einzelner Kader auf neue Filmstreifen enstandene Material und die Monitore daneben das so komponierte bewegte Bild: Ausschnitte aus den Tscherkassky-Filmen - "L’Arrivée" (1997/98), "Outer Space" (1999), "Dream Work" (2001) und "Instructions for a Light and Sound Machine" (2005). Zwei Arbeiten mit dem Titel "Motion Picture" (Film, 1984, bzw. ein Leuchtkasten mit Filmstreifen, 1989) wurden als Installation zusammen gespannt. Im Raum mit "Motion Picture", dem frühesten Werk dieser Ausstellung, erfährt man die Idee vielleicht am reinsten: hier sieht man einen einzelnen Kader aus dem allerersten Film der Geschichte, Louis Lumières "La sortie des usines Lumières" von 1895, kopiert auf ein Rechteck aus neben einander angeordneten Filmstreifen. Davor sieht man den abstrakten Film, der aus dieser Zerteilung des einen Bildes in viele, nacheinander abgespielte, entstanden ist. Dagegen sind Tscherkasskys spätere Filme mit ihren vielen Bilderschichten enorm sinnlich, selbst oder gerade da, wo zum händisch und bewusst ungleichmäßig umbelichteten, machmal verdrehten, manchmal über die Tonspur verschobenen Kader auch noch Gegenstände wie Reißnägel oder die Hand des Filmemachers zu sehen sind. Die Referenz auf Man Ray und die Fotografie ist deutlich, auch auf den spielerischen Umgang der frühen Filmavantgarde mit ihrem Medium, das diese noch viel weniger streng für den Kinosaal dachte als ihre künstlerischen Erben. Tscherkassky lehnt sich an den historischen Entwurf von Avantgarde an und schafft durch doppelte Aneignung - von Methoden und Material - etwas Neues. Ein spannendes Paradoxon.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Peter Tscherkassky - From A Dark Room
18.01 - 23.02.2008

Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
1010 Wien, Grünangerg. 1/2
Tel: +43 1 5121266, Fax: +43 1 5134307
Email: galerie@schwarzwaelder.at
http://www.schwarzwaelder.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa: 11-16h


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