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Das Jahr der Sammler

Deutsche Auktionshäuser profitieren von privatem Engagement Und wieder mal ein Jahr der Rekorde. Alle größeren deutschen Kunstauktionshäuser haben gegenüber dem Boomjahr 2006 noch einmal kräftig zulegen können. Allerdings spielt sich das Auktionswesen wie der gesamte Kunstmarkt in vergleichsweise bescheidenem Rahmen ab. Alle deutschen Kunstauktionshäuser erwirtschaften zusammen gerade einmal so viel wie Sothebys oder Christies allein in einer ihrer großen Zeitgenossen-Auktionen. Lempertz im Köln vermeldet als Spitzenreiter für die Versteigerungen (ausgenommen die sogenannten Private Deals) einen Umsatz von 52,2 Mio. Euro inklusive Aufgeld. Die Berliner Villa Grisebach übersteigt ebenfalls und erstmals die 50 Mio.-Marke, bei einer rund 20-prozentigen Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Ketterer aus München legt um fast ein Drittel zu auf 26 Mio. Euro, Van Ham in Köln folgt mit 20 Mio. Euro (plus 15 Prozent). Den größten Sprung macht Hauswedell & Nolte. Die Hamburger konnten ihren Umsatz zum 80-jährigen Bestehen um 65 Prozent auf 17 Mio. Euro steigern. Hinter den international vergleichsweise bescheidenen Zahlen verstecken sich einige Millionenzuschläge und zahlreiche Rekorde, die bei weiten nicht nur von den beiden Marktführern erzielt wurden. Am stärksten ist der deutsche Markt in der Klassischen Moderne. Der meiste Umsatz wurde mit Emil Nolde gemacht. Den höchsten Zuschlag des Jahres erteilte Ketterer in München für Noldes wieder aufgetauchte "Nadja" im Juni an einen niederrheinischen Tabakgroßhändler mit 2,15 Mio. Euro netto. Ebenfalls im Frühjahr wurde "Kleine Sonnenblumen" bei Grisebach für 1,9 Mio. Euro einer für Privat bietenden Düsseldorfer Galerie zugeschlagen. "Abendhimmel und Meer" brachte an gleicher Stelle 1,8 Mio. Euro. Eine sichere Bank ist auch immer Ernst Ludwig Kirchner. Seine gischtumspülte "Landschaft am Ufer (Fehmarn)" kaufte ein Dortmunder Galerist im Sammlerauftrag bei Villa Grisebach für erwartungsgemäße 2 Mio. Euro, auch im starken Frühjahr. In der Herbstauktion dann wurde August Mackes "Frau mit Papagei" vom Juli 1914 von einem deutschen Händler im Auftrag für 2 Mio. Euro erworben, überraschenderweise unterhalb der Taxe. Interessanter war es bei Lempertz, wo ein norddeutscher Sammler mit einem Gebot über 1,15 Mio. Euro für "Drei Reiter mit Lasso" dem nicht ganz so prominenten Heinrich Campendonk seine Referenz erwies. Lempertz konnte sich auch die Krone für das teuerste Nachkriegskunstwerk aufsetzen, zu dem Alberto Giacomettis zweiteiliger Entwurf "Projet pour un Monument pour Gabriel Péri" von internationalem Handel mit einem Zuschlag bei 1,3 Mio. Euro gekürt wurde. Andere Sparten zeigten sich ebenfalls stark. So gelang es Van Ham in Köln mit einem repräsenattiven Exemplar von Friedrich Nerlys Venedig-Veduten, den vor zwei Jahren bei Christies in London aufgestellten Rekord mit einem Ergebnis von 440.000 Euro fast zu verdoppeln. Neumeister in München konnte "Der verliebte Provisor" des in letzter Zeit etwas aus der Mode gekommenen Carl Spitzweg für erstaunliche 460.000 Euro vermitteln. Die Druckgraphik der frühen Moderne bescherte Hauswedell & Nolte in Hamburg einen Umsatzschub, besonders Edvard Munch, der hier Rekordpreise erzielte. Selbst bei den Asiatika ist noch Musik drin. Lempertz verkaufte Anfang Dezember für 810.000 Euro das teuerste je in Deutschland versteigerte chinesische Objekt, eine Vase mit rot-blauem Lotosdekor aus dem frühen 18. Jahrhundert. Der Rekord für ein Foto liegt jetzt bei 100.000 Euro. Diese Summe ließ ein amerikanisches Museum bei Jeschke, Hauff & Auvermann in Berlin für die Aufnahme eines gläsernen Wolkenkratzer-Modells aus dem Jahr 1922 von Ludwig Mies van der Rohe bieten. Auffällig ist das starke Engagement einheimischer Sammler, die gerade bei teuren Kunstwerken häufig den Handel ausstechen. Dass der Preisirrsinn bei den Zeitgenossen in Festlandeuropa bisher nicht Fuß fassen konnte, dürfte nicht zuletzt an den Preisgarantien liegen, mit denen im Gegensatz zum einheimischen Handel die Weltmarktführer akquirieren. Auch spielen Stütz- und Scheinkäufe in Deutschland keine Rolle. Zu den weniger schönen Phänomenen hierzulande gehört das massenweise Auftauchen zweifelhafter Werke der russischen Avantgarde. Das Problem ist mittlerweile so ernst, dass sich der Bundesverband der deutschen Kunstversteigerer auf seiner letzten Hauptversammlung damit befasst hat.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Ihre Meinung

3 Postings in diesem Forum
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Sheila Scott | 16.01.2008 10:24 | antworten
Sehr geehrter Herr Kobel, Schade, dass Sie in Ihrem Artikel nicht das Münchner Auktionhaus Karl & Faber erwähnen. Dabei hatten wir gerade in unserer Herbsauktion am 29. und 30. November 2007 sehr schöne Zuschläge. Angeführt wurden die Erfolge von Erich Heckels Landschaftsgemälde „Park von Dilborn II“ (1914) mit einem exzellentem Ergebnis von 793.600 EUR, der höchste Preis für ein Gemälde Erich Heckels, das jemals für ein Werk aus der Zeit nach der Auflösung der Künstlergruppe „Die Brücke“ erzielt wurde. Damit erreichte Karl & Faber ebenfalls den bisher nominal höchsten Zuschlag in seiner Auktionsgeschichte. Vielleicht hätten Sie auch unseren großen Erfolg bei der Versteigerung russischer Avantgarde Kunst erwähnen können. So wurde ein Gemälde von Aleksandr Bogomazov, „Landschaft mit sitzender Frau“ (1912-13), nach einem heftigem Bietergefecht dem Moskauer Handel für 475.000 EUR zugeschlagen - eine Vervierfachung des Schätzpreises (100 – 120.000 EUR)! Auch im Bereich 18. und 19. Jahrhundert wurden durch die Sammlung Walter Bareiss Spitzenpreise erzielt. Die SZ, das Handelsblatt und die FAZ fanden diese Ergebnisse bedeutend genug, um ausführliche Nachberichte zu schreiben, die ich Ihnen auch gerne zukommen lassen kann. Meine Frage an Sie: was kann ich für Sie tun, damit Sie nächstes Mal an uns denken? Kann ich Ihnen vorab Informationen und Bildmaterial senden? Bitte geben Sie mir doch kurz Bescheid. Vielleicht klappt es ja dann in 2008, unserem Jubliäumsjahr (85 Jahre Karl & Faber). Das würde mich jedenfalls sehr freuen. Ich bedanke mich im Voraus für eine Rückmeldung. Mit freundlichen Grüßen Sheila Scott Kunsthistorikerin
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Sheila Scott | 16.01.2008 10:27 | antworten
Sehr geehrter Herr Kobel, Schade, dass Sie in Ihrem Artikel nicht das Münchner Auktionhaus Karl & Faber erwähnen. Dabei hatten wir gerade in unserer Herbsauktion am 29. und 30. November 2007 sehr schöne Zuschläge. Angeführt wurden die Erfolge von Erich Heckels Landschaftsgemälde „Park von Dilborn II“ (1914) mit einem exzellentem Ergebnis von 793.600 EUR, der höchste Preis für ein Gemälde Erich Heckels, das jemals für ein Werk aus der Zeit nach der Auflösung der Künstlergruppe „Die Brücke“ erzielt wurde. Damit erreichte Karl & Faber ebenfalls den bisher nominal höchsten Zuschlag in seiner Auktionsgeschichte. Vielleicht hätten Sie auch unseren großen Erfolg bei der Versteigerung russischer Avantgarde Kunst erwähnen können. So wurde ein Gemälde von Aleksandr Bogomazov, „Landschaft mit sitzender Frau“ (1912-13), nach einem heftigem Bietergefecht dem Moskauer Handel für 475.000 EUR zugeschlagen - eine Vervierfachung des Schätzpreises (100 – 120.000 EUR)! Auch im Bereich 18. und 19. Jahrhundert wurden durch die Sammlung Walter Bareiss Spitzenpreise erzielt. Die SZ, das Handelsblatt und die FAZ fanden diese Ergebnisse bedeutend genug, um ausführliche Nachberichte zu schreiben. Vielleicht klappt es ja in 2008, unserem Jubliäumsjahr (85 Jahre Karl & Faber). Das würde mich jedenfalls sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen Sheila Scott Kunsthistorikerin Karl & Faber Kunstauktionen
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Sheila Scott | 16.01.2008 10:27 | antworten
Sehr geehrter Herr Kobel, Schade, dass Sie in Ihrem Artikel nicht das Münchner Auktionhaus Karl & Faber erwähnen. Dabei hatten wir gerade in unserer Herbsauktion am 29. und 30. November 2007 sehr schöne Zuschläge. Angeführt wurden die Erfolge von Erich Heckels Landschaftsgemälde „Park von Dilborn II“ (1914) mit einem exzellentem Ergebnis von 793.600 EUR, der höchste Preis für ein Gemälde Erich Heckels, das jemals für ein Werk aus der Zeit nach der Auflösung der Künstlergruppe „Die Brücke“ erzielt wurde. Damit erreichte Karl & Faber ebenfalls den bisher nominal höchsten Zuschlag in seiner Auktionsgeschichte. Vielleicht hätten Sie auch unseren großen Erfolg bei der Versteigerung russischer Avantgarde Kunst erwähnen können. So wurde ein Gemälde von Aleksandr Bogomazov, „Landschaft mit sitzender Frau“ (1912-13), nach einem heftigem Bietergefecht dem Moskauer Handel für 475.000 EUR zugeschlagen - eine Vervierfachung des Schätzpreises (100 – 120.000 EUR)! Auch im Bereich 18. und 19. Jahrhundert wurden durch die Sammlung Walter Bareiss Spitzenpreise erzielt. Die SZ, das Handelsblatt und die FAZ fanden diese Ergebnisse bedeutend genug, um ausführliche Nachberichte zu schreiben. Vielleicht klappt es ja in 2008, unserem Jubliäumsjahr (85 Jahre Karl & Faber). Das würde mich jedenfalls sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen Sheila Scott Kunsthistorikerin Karl & Faber Kunstauktionen

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