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Der unendliche Raum dehnt sich aus.. Eröffnungsausstellung: Kunstvolle Seelenfängerei

Es war durchaus nicht so, dass er seine Mitte, also seine Beherrschung verloren hätte, als er ebendies beklagte, den Verlust der Mitte; vielmehr darf es als wohlüberlegtes Bekenntnis zum Konservatismus verstanden werden, diese berüchtigte Sedlmayr-Losung, der er dann auch noch mit seinem Sager von der "entarteten Kultur" - einer Kultur, die den Gottes-Dienst, aus dem sie ursprünglich erwachsen, aufgekündigt hat - den rechten Drall verpasste: Und fertig war der kalkulierte Skandal, die medialen Wellen schlugen hoch und Kardinal Meisner, so etwas wie der Kölner Kurt Krenn, konnte einmal mehr seinen Ruf als Leuchtturm der Reaktion festigen.

Und ebenso wie der Kardinal mit diesen rhetorischen Signalfeuern seiner Herde unter das sichere Dach einer besonders fest fundamentierten Kirche heimleuchten möchte, will auch das Kolumba, zu dessen Einweihung diese eher unseligen Worte fielen, ein Ort der Erleuchtung sein, ein Hort des Friedens und der Ruhe, der zur Einkehr anhält.

Es ist demnach ein völlig unkonventioneller Museumsbau, den Peter Zumthor da in das enge Gassengewirr der Kölner Altstadt hineingesetzt hat, keine dieser Kunstkathedralen aus Stahl und Glas, die - transparent und offen und lebendurchflutet - sich bruchlos in das Weichbild einfügen, sondern ein schroffer, abweisender Monolith, eine steinerne Trutzburg der Transzendenz inmitten des allzu ausschweifenden, gottesvergessenen Treibens.

Der Eindruck einer kargen, unkomfortablen Kunstklause bestätigt sich sodann auch im Inneren, wo keine Legenden-Beschilderung, kein Leitsystem den Besucher in seinen (Gedanken-)Gängen dirigiert, der Museumsshop nur noch in einer irreduziblen Schwundform vorhanden ist, das übliche Café durch ein Lesezimmer ersetzt wurde und überdies eine Art Hortus conclusus im Innenhof zum konsumlosen, aber dafür umso andächtigeren Verweilen einlädt.

Verweilen lässt es sich hingegen auch gut vor den Exponaten, die sehr großzügig über die Räume verteilt wurden, so dass jedes seine Wirkung entfalten kann, ohne das andere in seinem Sein zu beschneiden. Und auf die Wirkästhetik hebt die ganze Präsentationsweise tatsächlich ab, jedes Stück soll hier vornehmlich als Ausweis der Schöpferkraft des Künstlers gelten, durch den damit - viel wichtiger - die allgewaltige Schöpferkraft Gottes hindurchscheint, weshalb dann auch, ohne Ansehen des Kontextes oder der Funktion, plötzlich eine Kounellis-Installation neben einer Vitrine mit Kaffeekannen und Bügeleisen zu stehen kommt oder die "Madonna mit Veilchen" von Stefan Lochner einem der Quadratbilder von Josef Albers konfrontiert wird.

Es wird die Kunst hier also mit den Mitteln der Architektur und des Ausstellungsdesigns reauratisiert bzw. resakralisiert, die Kunst somit wieder in einen Zusammenhang mit dem Kultus gebracht (sehr symbolisch erhebt sich das Kolumba ja auch über den Ruinen mehrerer Kirchen), mit anderen Worten wird das beliebige, wiewohl hochwertige künstlerische Allerlei auf einen, auf den göttlichen Ursprung schlechthin zentriert. Womit erfreulicherweise gleich mehrere Lager auf einmal bedient werden: Ersteres, das "anything goes", wird die Postmodernisten entzücken, und über Zweiteres wird wenigstens Kardinal Meisner sich ganz artig freuen.

Mehr Texte von Peter Kunitzky

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Der unendliche Raum dehnt sich aus.. Eröffnungsausstellung
15.09.2007 - 30.09.2008

Kolumba - Kunstmuseum des Erzbistums Köln
50667 Köln, Kolumbastraße 4
Tel: +49 (0)221 933193-0, Fax: +49 (0)221 933193-33
Email: mail@kolumba.de
http://www.kolumba.de
Öffnungszeiten: Mo, Mi - So 12:00 - 17:00


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