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Die Stinkegöttin, Alte Kunst und Meister bei Lempertz und Van Ham

Das Geschäft mit der Alten Kunst ist schwierig. Anders als bei den Zeitgenossen spielen Namen jenseits der Starriege häufig eine untergeordente Rolle. Es sind vielmehr die Motive, nach denen sich der Preis richtet. Christliche Themen sind generell weniger gefragt als Dekoratives. Während Madonnen sich so gerade eben noch absetzen lassen, liegen Kreuzigungen wie Blei in den Regalen. Abseitige Ikonographien haben es meist schwer. Geradezu katastrophal wird es, wenn das Thema "schwierig" ist. Diese Erfahrung muss der Besitzer von Frans Franken II. "Huldigung an die Göttin Mephites" (Lot 708) seit Jahren stets auf neue machen. Das Gemälde ist in einem ordentlichen Erhaltungszustand, die Figurenmassen sind gekonnt in die Gesamtkomposition eingebunden, das Kolorit ist ansprechend, und doch: Das Bild ist unverkäuflich. Allein im Dorotheum ist es dreimal in Folge durchgefallen. Ob es jetzt bei Van Hams Auktion in Köln vom 15. bis 17. November zur Wühltisch-Taxe von 10.000 Euro einen Liebhaber findet, ist fraglich. Denn das Bild stinkt. Mephites, die Göttin der da gehuldigt wird, war bei den Samniten der weibliche Counterpart zu Herkules. Ihr wurde über einer Schwefeldampf verströmenden Quelle geopfert. Viele der Umstehenden auf Franckens Gemälde halten sich daher die Nase zu. So etwas wird sich wohl kaum jemand übers Sofa hängen. Bessere Chancen hat wahrscheinlich Jakob Philipp Hackerts idyllischer "Blick auf das Tibertal" (Lot 721), obgleich dafür 90.000 Euro fällig sein sollen. Höchst dekorativ ist auch Friedrich Nerlys oft wiederholte Ansicht der "Piazzetta in Venedig" (Lot 1074), die in der Abteilung 19. Jahrundert aufgerufen wird - der erfolgreichsten Sparte des Hauses – und 120.000 Euro kosten soll. Mit Berthe Morisots "Jeune fille en blanc" ist eine weitere alte Bekannte des Auktionsmarktes im Angebot, die allerdings schon seit 2001 nicht mehr auf Tour war (Lot 1059/Taxe 540.000 Euro). Bei Lempertz hat man den Abgang von Graf Strasoldo zum Konkurrenten Dorotheum offensichtlich gut verkraftet und zeigt ebenfalls vom 15. bis 17. November eine starke Altmeister-Offerte, allerdings mit teilweise etwas überzogenen Schätzpreisen. So dürfte die Vorstellung von 100.000 bis 120.000 Euro für die zugegeben sehr dekorative Panoramalandschaft mit Figurenstaffage von Lucas van Uden und David Teniers dem Jüngeren kaum zu erfüllen sein – der bisher auf Auktionen gezahlte Höchstpreis für Van Uden liegt laut Artnet bei 50.000 Pfund. Einen Hackert hat man ebenfalls im Angebot, mit einer Taxe von 50.000 bis 60.000 Euro soll die "Landschaft mit Blick auf den Volturno" (Lot 1197) sogar ein Drittel preiswerter sein als der Blick auf den bekannteren Tiber bei der Konkurrenz. Der Trumpf von Lempertz ist das schon zu seiner Entstehungszeit populäre Badeidyll "Les Baigneuses" von Claude-Joseph Vernet (Lot 1332). Bei so einem Selbstläufer darf die Taxe dann gerne etwas niedriger sein: 450.000 bis 600.000 Euro ist im internationalen Vergleich eine bescheidene Summe, die mit Sicherheit den Handel an die Telefone bringen wird. www.lempertz.com www.van-ham.com
Mehr Texte von Stefan Kobel

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