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Kunst Zürich 07: Zwischen Jagdtrophäen, Eisbergen und Cyborgen

Auch in diesem Jahr setzen die Veranstalter Evelyne Fenner und Raphael Karrer bei der diesjährigen Kunst Zürich auf das bewährte Konzept der Mischung von klassischer Moderne und frischen Impulsen, von Beständigkeit und Innovation. In diesem Jahr wurde die zentrale Achse der ABB Halle 550 in Zürich-Oerlikon für Förderstände mit Solo Shows und Anwärtern auf den "Kunst 07" Preis der Zürcher Kantonalbank vorgesehen. Warum ausgerechnet der vietnamesisch-schweizerische Künstler Cat Tuong Nguyen (Galerie Laurin, Zürich) den erstmals in Höhe von 10.000 CHF verliehenen Preis bekommen hat, vermochte am Tag der Vernissage niemand mehr so recht zu sagen. Dies ist verständlich, denn seine Installation ist - milde gesagt - überaus seicht. Dabei gibt es unter den Kunstpreis-Anwärtern überaus anregende Werke zu entdecken, wie die Videoarbeiten "symbioscreens" der in Wien lebenden Künstlerin Nives Widauer (Galerie Semina rerum, Zürich) oder die verfremdeten Popikonen Francisco de Mata`s (Galerie Lange & Pult, Zürich). Wie eine Persiflage auf den gesamten Kunstbetrieb wirkt die Installation der Brüder Markus und Reto Huber (Suzie Q Projects, Zürich), welche zwei durch eine Röhre verbundene Plexiglaskästen in die Mitte der Koje stellen, die jeweils Ameisenstaat (Opfer) und Ameisenlöwen (Jäger) enthalten. Dieses Synonym für die Symbiose von Künstler, Galeristen und Sammler wird umgeben von 16 pinken Aquarellen mit Tiertrophäen präsentierenden Jägerinnen. Einfach, herrlich und überaus treffend. Ebenso schlicht und beeindruckend die Schattenspiel-Installation der Zürcher Künstlerin Ana Strika (Abbt Projects, Zürich), die bereits bei der diesjährigen Swiss Art Awards anlässlich der Art Basel auffiel. Drei hochrechteckige Scherenschnitte drehen sich permanent und werfen subtile Schattenwelten an die dahinterliegende Wand. So ist es kein Wunder, dass die kleineren bühnenbildartigen Papierschnitte Strikas schon nach der Preview ausverkauft waren. Bei den Förderständen findet sich auch die Wiener Galerie Habres + Partner mit einer überaus gelungenen Präsentation der schwarz-weissen Fotoserie "Ilulissat" (zwischen 2.100 bis 10.600 €) des in New York lebenden Fotografen Mathias Kessler. Ausgeleuchtet von zwei Begleitschiffen und aufgenommen in Neumondnächten präsentieren sich die abgebildeten Eisberge als sterbende weisse Riesen in einer düsteren Umgebung. Schräg gegenüber das gelungene Pendant, die grossformatigen gemalten Portraits von Dorota Sadovská der Galerie Space aus Bratislava. Space wartet noch mit einer amüsanten Überraschung auf; der neuen Serie "Contemporary Visual Art" von 50 Piktogrammen (10.000 €) des slowakischen Künstlers Stano Masár, der bereits 2004 mit seiner Piktogramm-Serie "The Global History of Art" von sich reden machte. Grossformatiges gibt es auch bei den Berner Galerien. Bei Krethlow (ehemals Kabinett) mit den gestisch-expressiven Linolschnitten von Wolfgang Zät und einige Kojen weiter bei Béatrice Brunner in der Gegenüberstellung der fabelhaften Zeichnungen von Julia Steiner mit den wunderbar-grausigen Motiven der Fotografin Nadin Maria Rüfenacht. Auffallend ist die zunehmende künstlerische Beschäftigung mit ornamentalem Biomorphismus, die in Werken von Klaus Lomnitzer (Art Felchlin, Schwyz), Jordi Fulla (Galerie Frank Pages, Baden-Baden), Thierry Feuz (Galerie Kashya Hildebrand, Zürich/NewYork), Katharina Berthold (Galerie Chelsea, Laufen) und Ladina Gaudenz (Galerie Haldemann, Bern) auftritt. Insbesondere die beiden letztgenannten, Berthold und Gaudenz, zeigen sehr schön die Bandbreite, die sich hierbei spannen lässt. Während Bertholds computergestaltete Hybridwesen mit klingenden Namen wie "Agent Purple" (3.000 CHF) oder "Whitout" (1.950 CHF) wie Überlebende einer Cyborgcloning Party wirken, erinnern die gemalten floral-vegetabilen Ornamente der Graubündnerin Ladina Gaudenz an Symbole, die zwischen den Welten vermitteln. Nahsicht und Fernsicht verfliessen hierbei zu einem malerischen Farb-Raum-Kontinuum. Besonderes Augenmerk verdienen "Migrations" (4.500 CHF) und "Le Grand Verre" (18.000 CHF). Man darf auf die weitere Entwicklung beider Künstlerinnen gespannt sein. Aus der Vielzahl von Präsentationen sollen abschliessend hier noch einige prägnante genannt sein. Die Galerie am Lindenplatz aus Vaduz kombiniert Karl Prantls kugelförmige Skulpturen (20.000 €) mit Werken von Markus Prachensky wie "Senacus Consulcum 12" von 2005 (22.000 €) oder Heinz Mack "Dynamische Struktur" von 1959 (54.100 €) und zu einem insgesamt überaus gelungenen musealen Gesamteindruck. Werke der diesjährigen Serie "Xoana T" (2.300 € bzw. 5.400 €) von Hanna Roeckle finden sich bei der Galerie La Ligne, die des weiteren auch Kleinodien von Aurélie Nemours wie "La Couronne" von 1977 (14.500 €) zeigt. Einige Stände weiter präsentiert die Zürcher Galerie Kashya Hildebrand frische Zentralformen des Wiener Künstlers Robert Schaberl (21.000 CHF) neben inszenierten Fotos der "Qadar"-Serie (9.000 CHF) der iranischen Fotografin Shadi Ghadirian, den Öl-Ikonen $ex und Ki$$ des Russen Andrei Molodkin (je 32.000 CHF) und immer wieder eindrücklichen Kinderportraits des Chinesen Tianbing Li (200.000 CHF). Und bei der Galerie Robert Drees aus Hannover gibt es neben den Reispapier-"Seerosen" der Koreanerin Sun-Rae Kim (10.900 CHF), den neuen Plexiglas-Plastiken (10.700 CHF) von Michael Laube auch sehenswerte frische Ölgemälde (7.500 CHF) des Heidelberger Künstlers Arvid Boecker. Von letzterem wie immer auch einige der überaus beliebten und somit rasch vergriffenen "Einstiegsdrogen" für 700 CHF.
Mehr Texte von Harald Krämer

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Kunst Zürich 07
02 - 05.11.2007

Messezentrum
8050 Zürich-Oerlikon, Thurgauerstrasse 11
http://www.messe.ch


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