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Neue Messe in Köln?

Halboffener Brief und Winkelzüge verhageln den Kölner Kunstherbst Der Brandbrief von zehn Kölner Galeristen war strategisch so terminiert, dass er den größtmöglichen Schaden anrichtete. Pünktlich zur Eröffnungspressekonferenz der Cologne Fine Art am 30. Oktober konnten die FAZ und das Lokalblatt Kölner Stadtanzeiger über einen Offenen Brief berichten, der zu diesem Zeitpunkt der Messe nach eigenen Angaben noch nicht zugegangen und offensichtlich nur ausgewählten Journalisten zugespielt worden war. Der Inhalt stellt ein Ultimatum dar, dass sich auf eine ganz andere Veranstaltung, nämlich die Art Cologne bezieht. Allerdings sind Ausrichter - die Koelnmesse - und Leiter - Gérard Goodrow - in beiden Fällen identisch. Messechef Oliver P. Kuhrt und Künstlerischer Direktor Goodrow wollten sich denn auch mit Hinweis auf die unterschiedlichen Veranstaltungen und die Unkenntnis des genauen Wortlauts nicht zu dem Schreiben äußern. Die Kritiker um Christian Nagel fordern umfangreiche Änderungen, um den Niedergang der Mutter aller Kunstmessen aufzuhalten und die Art Cologne wieder an die Weltspitze des internationalen Messekarussels zu führen. Sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden, wollen die Unterzeichner zukünftig auf eine Teilnahme verzichten. Weitere Konsequenzen werden nicht angedroht. Aus Galeristenkreisen ist jedoch seit einiger Zeit zu vernehmen, dass man sich mit dem Gedanken trägt, um den Nukleus Open Space eine eigenständige Messe aufzuziehen. Zwar beschwichtigt einer der Unterzeichner: "Es muss ja nicht gleich eine neue Messe sein, aber so geht es jedenfalls nicht weiter." Andererseits erscheint der überraschende Abgang von Mitunterzeichner Christian Nagel aus dem Beirat des von ihm selbst mit begründeten Art Forums in Berlin jetzt in anderem Licht. Pikantes Detail: Anmeldeschluss für Bewerbungen zur Art Cologne ist am 6. November. Da viele Galerien erst in letzter Minute einreichen, wäre jetzt noch Zeit, eine Gegenveranstaltung anzuschieben. Walter M. Gehlen, Veranstalter der privaten Messen Art.Fair21 in Köln und DC in Düsseldorf parallel zur Art Cologne, gibt sich wenig begeistert und bietet seine Vermittlung an: "Wir werden mit allen Kölner Galerien reden und sie fragen, was sie eigentlich wollen. Und wie wir das mittelfristig abbilden können. Da geht es nicht um Düsseldorf oder Köln sondern um das Rheinland."
Der Offene Brief im Wortlaut: Offener Brief der Kölner Galerien (wie unterzeichnet) Betreff: Bedeutungsverlust der Art Cologne Die Art Cologne hat in den letzten Jahren einen herben Bedeutungsverlust erlitten. Die Berufung eines künstlerischen Direktors (2003), die Entwicklung von Open Space (2005) und auch die Terminverlegung in das Frühjahr (2007) haben den Niedergang nicht entscheidend aufhalten können. Im Gegenteil: als Kölner Galerien, die wir ein zeitgenössisches Programm auf den internationalen Messen vertreten und sich um ihren Standort bemühen, ernten wir bei unseren internationalen Kolleginnen und Kollegen nur bedauernde Ablehnung, wenn wir versuchen, sie zu einer Teilnahme an der Art Cologne zu bewegen. Mit dem Ausflug der Art Cologne nach Mallorca wurden uns die letzten Möglichkeiten einer glaubwürdigen Vertretung genommen. Statt sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren und den neuen Messetermin zu festigen, wurden Energien und Zeit mit dieser fragwürdigen Veranstaltung verschwendet. Nun folgt die Cologne Fine Art auf den Fuß. Es ist fahrlässig, dass seit der letzten Art Cologne im April 2007 keine Anstrengungen für eine verbesserte Art Cologne im kommenden Jahr unternommen wurden. Mit unseren internationalen Kolleginnen und Kollegen vermissen wir ein schlüssiges Konzept und eine klare Positionierung der Art Cologne in einem dynamischen Kunst- und Messemarkt. Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass die Potenziale für eine international bedeutsame Kunstmesse in Köln nach wie vor gegeben sind. Allerdings erfordert dies endlich die Bereitschaft zur kritischen Bestandsaufnahme, eine Offenheit für externe Beratung und den Willen zur deutlichen Veränderung. Die unterzeichneten Galerien fordern die Direktion der Koelnmesse auf, umgehend Maßnahmen einzuleiten, die geeignet sind, die Art Cologne wieder international konkurrenzfähig zu machen und ihr den Stellenwert zurückzuerobern, der ihrer Tradition und dem Kunststandort Köln gerecht wird. Die unterzeichneten Galerien sind im Rahmen eines überzeugenden Konzepts zu jeder Form der konstruktiven Zusammenarbeit bereit. Dies ist unser Angebot. Andernfalls sind wir es unserem Ansehen und Geschäft schuldig, es vielen anderen wichtigen Galerien gleichzutun und in naher Zukunft auf eine Teilnahme an der Art Cologne gänzlich zu verzichten. Wir fordern im Grundsatz: Die Art Cologne muss wieder "Chefsache" werden und erste Priorität haben vor der Cologne Fine Art und der Art Cologne Mallorca. Für die Art Cologne muss in Zusammenarbeit mit kompetenten, externen Beratern ein schlüssiges Gesamtkonzept entwickelt werden, das den veränderten Bedingungen des internationalen Kunstmarkts gerecht wird und auf diesem Markt ein klares und konkurrenzfähiges Profil der Art Cologne zeichnet. Es muss ein internationaler Galerienbeirat, der mindestens alle sechs bis acht Wochen tagt und Einfluss nimmt auf die Gestaltung der Art Cologne etabliert werden. Dafür muss das Team der Art Cologne innerhalb der Koelnmesse so aufgestellt werden, wie es dem Geschäftsfeld einer internationalen Kunstmesse entspricht und in personeller Hinsicht wie auch in seinen Kompetenzen und Mitteln angemessen ausgestattet werden. Auf der Basis eines eindeutigen Profils muss ein Maßnahmenkatalog zur gezielten, qualitativen Verbesserung des Teilnehmerfeldes erarbeitet und umgesetzt werden. Das aktuelle Teilnehmerfeld muss zugunsten einer sukzessiven Qualitätssteigerung weiter reduziert werden. Den Umzug in neue Hallen und eine Aufplanung, die einer zeitgemäßen Präsentation gerecht werden. Dazu gehört eine Optimierung des gesamten Erscheinungsbilds - Werbemittel, Marketing, Ausstellungsarchitektur, VIP-Lounges, Gastronomie. Eine Präzisierung der Veranstaltung durch eine klare Aufteilung der Bereiche der Klassischen Moderne, der etablierten zeitgenössischen Kunst. Der Open Space für aktuelle junge Positionen soll eine eigene Halle bekommen. Eine qualifizierte Betreuung der einzelnen Bereiche durch kompetente Mitarbeiter. Die Galerien müssen wieder ins Zentrum der Messe gestellt werden. Auf Lückenfüller wie Sonderschauen, Institutionen, Vereine etc soll verzichtet werden. Stattdessen ist ein attraktives Rahmenprogramm in der Stadt kooperativ zu entwickeln. Eine qualifizierte und nachhaltige Betreuung der Aussteller und der potentiellen Aussteller über das ganze Jahr zugunsten einer langfristigen Bindung an die Messe. Eine gezielte Akquise von Sponsoren, die für junge/neue Messeteilnehmer attraktive Konditionen sichern. Eine qualifizierte Besucherbetreuung und Entwicklung attraktiver Formate für internationale Kuratoren und Sammler. Wir wünschen der Art Cologne und uns, dass dieser offene Brief, unser Angebot und unsere Forderungen als konstruktiv verstanden, aufgegriffen und umgesetzt werden für eine attraktive und erfolgreiche Art Cologne! Die Galerien Jörn Bötnagel (BQ), Daniel Buchholz, (Galerie Daniel Bucholz), Gisela Capitain, (Galerie Gisela Capitain), Vera Gliem (Galerie Vera Gliem), Jörg Johnen (Johnen + Schöttle), Linn Lühn (Linn Lühn), Christian Nagel (Galerie Christian Nagel), Sabine Schmidt (Sabine Schmidt Galerie), Monika Sprüth & Philomene Magers (Monika Sprüth / Philomene Magers), Michael Wiesehöfer (Galerie Michael Wiesehöfer)
Mehr Texte von Stefan Kobel

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