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Boulevard der Frühlingszwiebeln

Ernesto Gismondi muss man einfach verehren. Mit 28 als Raketenbauer promoviert, brachte er seine konstruktive Begabung und sein technisches Know-How Anfang der Sechziger in die von ihm gegründete Leuchtenfirma Artemide ein, die zu den besten und renommiertesten der Welt zählt. In Italien nicht ungewöhnlich, entwarf er immer auch selbst und gehörte später zu den Gründungsmitgliedern von "Memphis". Auch heute noch ist Gismondi der Überzeugung, dass es ohne starke Industrie auf Dauer kein gutes und erfolgreiches Design geben kann. In diesem Sinne hat sich Artemide jetzt mit dem Solarzellen- und LED-Produzenten Sharp assoziiert, um den Prototyp einer neuen Straßenlampe zu realisieren. High-Tech-Solarzellen produzieren 34 Watt Strom, der die LEDs des "Solar Tree" zu einem durchaus angenehmen und hellen Leuchten bringt. Bis zu drei sonnenlose Tage überbrückt der "Solar Tree" mühelos, bevor er auf in sonnigeren Zeiten angelegte Reserven zurückgreift. Das romantische, quasi-organische Design wurde auf Anregung des mit den neu aufgestellten historischen Ringstraßen-Kandelabern unzufriedenen MAK-Direktors Peter Noever vom britischen Designstar Ross Lovegrove entwickelt, der sich schon lange mit der Gestaltung von Solarleuchten beschäftigt. Den "Solar Tree" vergleicht Lovegrove selbst mit einem aus sumpfigem Grund emporwachsenden überdimensionierten Büschel Frühlingszwiebeln. Der Prototyp des grünstämmigen Leuchtenbündels steht jetzt vor dem MAK auf einem Betonsockel mit angedockter technischer Infrastruktur in Form eines großen schwarzen Kastens. Das kommt insgesamt eher plump daher und nicht ganz so selbstverständlich wie auf dem Rendering. Ein wenig lässt das Ganze an die Plastiktulpensträuße mit integrierten Glühbirnchen denken, die man in den Achtzigern kaufen konnte. In der Technologie liegt jedenfalls sicher viel gestalterisches Potenzial. Signor Gismondi, übernehmen Sie!
Mehr Texte von Iris Meder †

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