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Getroffen - Otto Dix und die Kunst des Porträts: Trillhaase en famille

Würde man schon gern wissen, wie die Trillhaases ihr Familienportrait aufnahmen. Er ein schielender Kommisskopp, sie eine verdorrte Vettel, der Sohn ein flachschädeliger Simpel, scharen sie sich vor einer Brokattapete um ein idiotisch betroddeltes Beistelltischchen mit altmodischen Stühlen, das Ganze im Setting eines schlechten Fotostudios mit vergilbtem Spitzenvorhang und pseudo-antiker Architekturkulisse. Immerhin: Adalbert Trillhaase war selbst Maler, eine Art deutscher Rousseau. Trillhaase ist nur einer von vielen heute eher Vergessenen, die uns auf den Portraits von Dix begegnen. Der tuntige Juwelier, der sächsische Geschäftsmann, die Ausdruckstänzerin und der erfolglose Schriftsteller – die Ausstellung verrrät nichts über die, deren Namen man dann zu Hause googeln kann. Schade, dass es um die Dargestellten kaum geht. Während das Portrait in der klassischen Kunstbetrachtung anderen Sujets gegenüber eher gering geschätzt wurde, nahm es für Dix, eher untypisch für die Moderne, eine zentrale Rolle ein. Vergleichsbeispiele werden daher auch aus der Antike herangezogen, vor allem aber, neben dem schwäbischen Vormärz, aus der deutschen Renaissance eines Cranach und Hans Burgkmair, darunter eine großartige "Geistliche Betrügerin", über die man auch gerne mehr wüsste. Dazu kommt ein Fülle von Portraits von Dix' Künstlerkollegen, darunter neben Größen wie Kanoldt, Schlichter, Kirchner und Hubbuch auch von wenig Bekannten, etwa den eigenwilligen Espressionisten Hanns Ludwig Katz und Carl Lohse, die man gerne bald in größerem Rahmen wiederentdeckt sähe, oder ein frappierendes posthumes Portrait des Brücke-Malers Otto Mueller vom Konstruktivisten Johannes Molzahn. Überflüssig muten daneben die beiden Zeichnungen Ex-Kaiser Wilhelms II an, die er in den zwanziger Jahren von seiner Frau anfertigte. Eher verzichtbar ist auch die im dritten Stock angehängte zeitgenössische Abteilung, in der Warhol, Bacon und Richter zu finden sind, Thomas Ruff, Wolfgang Tillmans und Rineke Dijkstra. Von einer aktuellen Relevanz des Themas Portrait kann dabei nicht wirklich die Rede sein. Alles in allem aber eine äußerst empfehlenswerte Ausstellung, die auch die zahlreichen Besucher zu schätzen wissen.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Getroffen - Otto Dix und die Kunst des Porträts
01.12.2007 - 06.04.2008

Kunstmuseum Stuttgart
70173 Stuttgart, Kleiner Schlossplatz 1
Tel: +49 (0) 711 – 216 21 88, Fax: +49 (0) 711 – 216 78 20
Email: info@kunstmuseum-stuttgart.de
http://www.kunstmuseum-stuttgart.de
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Fr 10-21 h


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