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Zwischen den Kriegen - Österreichische Künstler 1918-1938: Affirmationsnotstand

Eines der vielen Dilemmata, wenn es um das Ausstellen von Kunst geht, ist die Frage, ob man tatsächlich immer nur das zeigen sollte, was man für wirklich, wirklich gute Kunst hält. In der Praxis wird diese jedenfalls so gut wie immer bejaht. Die Ausstellung gerät damit zu einem Instrument der Affirmation, das all jenes ausschließt, was zwar formal nicht unbedingt hohe Qualitätskriterien erfüllt, aber aus historischen Gründen vielleicht doch nicht ganz zu vernachlässigen ist. Dieser Mechanismus ist mit ein Grund dafür, dass die österreichische Öffentlichkeit etwa über die Malerei und Plastik während des Nationalsozialismus so gut wie überhaupt nicht informiert ist. Aber auch die österreichische Kunst der Zwischenkriegszeit ist bis dato ein leicht unterbelichtetes Kapitel. Im Leopold Museum versucht man nun vorzuführen, dass es in Österreich eben doch eine Moderne gab. Die groß angelegte Schau ist dazu angetan, den Pluralismus der Zeit zwischen 1918 und 1938 zu untermauern: Magischer Realismus (Franz Sedlacek, Rudolf Wacker), Wiener Kinetismus (Erika-Giovanna Klien, Elisabeth Karlinsky), expressiver Kolorismus (Wilhelm Thöny, Jean Egger) - alles da. So isoliert, wie man gerne glaubt, waren die österreichischen Künstler auch wieder nicht: Manches aus der Hand eines Carry Hauser oder eines Franz Probst erinnert an George Grosz, anderes, wie die Arbeiten von Friedl Dicker oder My Ullmann, lässt sich bedenkenlos mit internationalen konstruktiven Strömungen vergleichen. Natürlich darf da auch die Ausnahmeerscheinung Friedrich Kiesler nicht fehlen. Genauso demonstriert die Ausstellung in ihrer Fülle aber auch die Tendenz zum Eskapismus in seinen unterschiedlichen Äußerungsformen: Viele, wie etwa die Vertreter des Nötscher Kreises, zogen sich lieber aufs Land zurück und blieben bei traditionellen Genres, häufig auch religiösen Sujets - nicht immer auf der Höhe der Zeit. Vielleicht schlägt die Intention der Ausstellung - nämlich die in ihr vertretenen Werke in der Kunstgeschichtsschreibung besser zu platzieren, wie Sammler Leopold in seinem vor Eitelkeiten strotzenden Vorwort klar macht - fehl. Notwendig und sehenswert ist sie allemal: Sie lässt nicht nur die eine oder andere Entdeckung zu, sondern sie erzählt uns auch viel über den Zustand der österreichischen Intelligenzija in der Ersten Republik.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Zwischen den Kriegen - Österreichische Künstler 1918-1938
21.09.2007 - 28.01.2008

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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