Iris Meder †,
Architektonische Fragmente - Bulgarien: Wohnkultur und große Gestik
Die bulgarische Architekturlandschaft darf in Mitteleuropa als weitgehend unbekannt betrachtet werden. Dank des Ausstellungsprogramms im Ringturm kann man sich von den unterschiedlichen Traditionen der Moderne in Osteuropa aber mittlerweile ein ganz gutes Bild machen. Auffallend ist, vergleicht man mit den beiden jüngsten Präsentationen zur rumänischen und zur kroatischen Moderne, wie anders internationale Entwicklungen in Bulgarien rezipiert wurden. Die Schulen von Otto Wagner und von Loos, aber auch das Bauhaus hatten keine nennenswerte Bedeutung. In der Jugendstilzeit entstanden bemerkenswerte, eigenständige Villenbauten, die ihre Wohnqualität aus der Tradition der hochentwickelten lokalen anonymen Wohnkultur des 17.-19. Jahrhunderts bezogen, mit mehrseitig belichteten, durch Erker erweiterten Wohnhallen und großer räumlicher Vielfalt.
Wurden im späten 19. Jahrhundert noch 80% der Bauten in Sofia von österreichischen oder, mangels Studienmöglichkeiten im eigenen Land, in Österreich ausgebildeten Architekten entworfen - auch hier gibt es das obligate Feller & Helmer-Theater -, so lagen die Vorbilder nach der Überwindung des lange verfolgten Neobarock anderswo. Nach dem Ersten Weltkrieg hießen die Einflüsse Paul Bonatz, offenbar auch Marcello Piacentini und Paul Ludwig Troost. Eine Tendenz zum Statischen, Klassizistischen ist stark spürbar; wem das Dynamische fehlte, der orientierte sich an Erich Mendelsohn. Der International Style blieb bulgarischen Architekten offenbar fremd.
In der Nachkriegszeit baute man urbanistische Vorkriegs-Entwürfe nazideutscher Architekten weiter, angereichtert um Anklänge an den Sowjet-Stalinismus. Die touristischen Siedlungen der Siebziger an der Schwarzmeerküste sind einer Moderne der großen Gestik, gepaart mit maritimer Leichtigkeit, verpflichtet, auch Einflüsse Carlo Scarpas lassen sich ausmachen. Zu entdecken gibt es einiges - und wer wollte ein Land, in dem eine Wohnung ohne Balkon oder Loggia undenkbar ist, nicht sympathisch finden?
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Architektonische Fragmente - Bulgarien
04.10 - 09.11.2007
Architektur im Ringturm
1010 Wien, Vienna Insurance Group, Schottenring 1
Tel: +43 1 531 39-DW 1115 oder DW 1101
Email: philippe.batka@airt.at
http://www.airt.at
Öffnungszeiten: Mo - Fr 9 - 18 h
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