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Albin Egger-Lienz: Tischgebete in Umbra

Gegen die Klassifizierung als Hodler-Epigone wehrte er sich im \"Hodler-Streit\" 1912 mit allen publizistischen Mitteln. Vom \"Bauernmaler\" über den \"echten Monumentalkünstler\" bis zum \"großen Modernen\" reichten und reichen die Einschätzungen. Der Status eines Mantegna der Moderne hätte Albin Egger-Lienz vielleicht besser gefallen. Als Menetekel des anonymen Vernichtungskriegs ragen die Füße eines toten Soldaten aus der Bildebene, der, identitätslos mit seinem im Schatten des Stahlhelms liegenden Gesicht, im Schützengraben vergessen wurde. Noch eindeutiger ist der Bezug auf Mantegnas toten Christus in Egger-Lienz\ in seinem Todesjahr 1926 entstandenem gleichnamigen Gemälde. Leichenfeld, Die Namenlosen, Finale, Kriegsfrauen, Die Blinden: zu golemartigen Kriegsinstrumenten gemachte Männer, klagende Frauen, ein bäuerlicher Messias, in klaren Kompositionen mit fahlen Erdfarben. Das sportive, touristische Tirolbild des zuvor in Tulln gezeigten Alfons Walde vermittelt Egger-Lienz nicht. Statt lachender Melkerinnen gerät das Schicksalhafte, ewig Menschliche in den Fokus archetypischer Bauernstuben, die den reduzierten thematischen und formalen Hintergrund für Tischgebet, Totenklage und Auferstehung abgeben. Egger-Lienz verfügte über ein souverän gehandhabtes Repertoire an Kompositionsschemata, Raumdispositionen, Perspektiven, Figurengruppierungen und Harmonien von Licht- und Schattenflächen, Umbra- und Sepiatönen. Wie Walde fertigte er immer wieder Ausschnitte und ganze oder teilweise Repliken an, wie dieser wurde er oft gefälscht. Ein Manko der Ausstellung ist es, dass sie sich auf wenige (freilich gut bestückte) Leihgeber beschränkt: fast ausschließlich das Innsbrucker Ferdinandeum und Schloss Bruck in Lienz. Zur Skizze eines in Mährisch Ostrau befindlichen Bildes etwa hätte man gern auch das ausgeführte Werk gesehen; auch die Bestände der Sammlung Leopold fehlen zu einer vollständigen Retrospektive.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Albin Egger-Lienz
01.12.2001 - 01.04.2002

Rathaus / Minoritenkloster Tulln
3430 Tulln, Minoritenplatz
Tel: +43 2272 61915, Fax: DW 34
Email: stadtamt@tulln.gv.at
http://www.tulln.at
Öffnungszeiten: Do-So 10-17 h


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