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Nicht ganz beiläufig

Einmal war Július Koller zu einer Podiumsdiskussion in der Wiener Generali Foundation eingeladen. Dem staunenden Publikum erzählte er damals über seine Galerie in der hohen Tatra - als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, dort oben eine Kunsthandlung zu betreiben. Erst nach und nach offenbarte sich, dass man in dieser Galerie nicht nur nichts erwerben konnte, nein, man konnte sie nicht einmal besteigen. Sie existierte nur virtuell. Diese Art der Erzählung war typisch für Koller, der meistens ein bisschen so wirkte, als könne er sich das ganze Interesse für seine Person und seine Kunst nicht erklären. Man konnte ihn leicht für verwirrt halten, wenn er mit seinem überdimensionalen Brillenapparat und den zerzausten Haaren auf den Plan trat. Dabei verbarg sich hinter dieser scheinbaren Schrulligkeit eine Luzidität, die Koller jedoch niemals vor sich hertrug: Seine U.F.O.-Arbeiten unterschiedlichster Erscheinung, seine vielen, vielen Fragezeichen und seine Anti-Happenings gehörten zwar zum Radikalsten, was die Kunst in der CSR seit den späten 1960ern aufzuweisen hatte - tarnte sich aber meistens als lapidar und beiläufig. Koller kam mit wenig Material aus - eine Fähigkeit, die im aktuellen Kunstbetrieb nur noch selten anzutreffen ist. Wie schwierig es Koller hatte während des kommunistischen Regimes, lässt sich für Nachgeborene nicht mehr nachvollziehen: Zwar durfte er arbeiten, allerdings musste dies im Verborgenen geschehen. Es dauerte eine Zeitlang, bis ihn nach dem Fall des eisernen Vorhangs die westlichen - man muss es sagen: österreichischen - Kuratoren entdeckten. Aber auch, nachdem Koller 2003 im Kölnischen Kunstverein ausgestellt hatte, fanden seine alles andere als glamouröse Arbeiten noch nicht sofort ihren Markt. Dies änderte sich erst in den letzten ein, zwei Jahren. Zuletzt zeigte die Galerie Martin Janda Kollers erste Einzelausstellung in Österreich. Ansatzweise begann der internationale Kunstbetrieb, seiner Bedeutung endlich Rechnung zu tragen. Am 18. August starb Július Koller im Alter von 68 Jahren in seiner Heimatstadt Bratislava an einem Herzinfarkt.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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