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Exposures / Gerwald Rockenschaub / Barry Flanagan: Hells Bells, I am Your Mirror

Die Sehnsucht nach dem Hier und Jetzt, ohne ein Anderswo oder Andermal scheint im diesjährigen Salzburger Festspiel Sommer äußerst virulent zu sein. Sich seiner Selbst zu vergewissern und nicht bloß eine Matrix der Eitelkeiten abzugeben, dafür ist wohl kein Genre geeigneter als das Selbstporträt. Wie eine Initiative für die wahre Schönheit, jenseits von Magersucht und Schönheitsoperation wirkt die Ausstellung "Exposures", die sich dem Selbstporträt quer durch verschiedenste Medien der Kunst wie Malerei, Fotografie oder Skulptur widmet. Doch nicht jedem Kunstsammler ist das Glück beschieden, von Künstlern porträtiert zu werden. Eine Alternative zur Widerspiegelung und Projektion verborgener Sehnsüchte, aber auch Laster bildet das Künstlerselbstporträt. Ein Selbstporträt als Otter in Stahl von Rona Pondick oder die nachdenkliche Pose von Lisa Ruyter in "I am a camera 2" (2006) wirft einen unkaschierten Blick zurück. Selbst Robert Mapplethorpes dandyesker Hang zur Selbstdarstellung in "Self Portrait" (1986) wird von einem Skeptizismus des Augenblicks gestreift. Wer sind wir und wer wollen wir sein und worin erkennen wir uns wieder? Die Faszination am direkten Voyeurisms und gleichzeitig der Switch zwischen Maskerade und Demaskierung zeigt, dass wenn es nur noch Masken gibt, das Dahinter immer gefährlicher wird. Besonders das Selbstporträt eignet sich zum Dechiffrieren kultureller Sehstandards und dadurch entwickelter Ikonen und will der Allgegenwärtigkeit von medialen Images Distanz abgewinnen. Über fünfzig Werke entstanden zwischen 1957 und 2007 von StarkünstlerInnen wie Jean Michel Basquiat, Tracey Emin, Valie EXPORT, Gilbert & George, Alex Katz, Jonathan Meese oder Andy Warhol lassen uns eine Geschichte des Selbstporträts durchlaufen und stellen paradoxerweise eine Konstante her in der Befragung von künstlerischer Autorenschaft, Biografie, Subjektkonstruktion und Identitätskonflikten. Diese hat der Documenta 12 Künstler Gerwald Rockenschaub bereits in den 1980er Jahren hinter sich zurückgelassen und mittlerweile wie in seiner aktuellen flashigen Serie "My Machines" sichtbar wird auch seine minimalistische Strenge. Sein Image als Neo-Geo Künstler mit Hang zum Augensex ist er trotz Fluchtversuche nach Berlin und gelenkigen Auftritten als DJ und Soundproduzent nie losgeworden. Dass sein zunehmend spielerisches Formenrepertoire sich nicht in puristischen Geometrien verläuft, sondern Medien unserer Zeit durch computergenerierte Formen einbezieht, zeigt sich in einer Serie von kleinformatigen Werken, deren Hängung im metaarchitektonischen Dialog mit dem Raum installativen Charakter gewinnt. Seine Vorliebe für Magenta tauscht Rockenschaub gekonnt im Annex der Galerie Thaddaeus Ropac gegen ein luxuriöses Mahagonibraun ein. Ein kalkuliertes System von Codes und ikonischen Formen schlägt sich in der Serie "My Machines" nieder, die durch Abweichungen visuelle Effekte zeigen - launisch und mit einem gewissen Drum& Bass Touch. Barry Flanagan gelang es, bis dato unzählige Skulpturen im öffentlichen Raum wie an der Park Avenue in New York oder im Grant Park Chicago zu realisieren. In Salzburg, wo Kunst im öffentlichen Raum meist für heftige Diskussionen sorgt, wird Flanagans Markenzeichen der Hase im Kunstraum Deutsche Bank präsentiert. So übt sich Flanagans Hase im Handstand oder hoppelt über zur Pyramide hochgestappelte Stäbe hinweg. Was ansonsten nur Extremsportlern oder Akrobaten gelingt, Flanagans Hase als kreatürliches Alterego hoppelt es uns vor.

Mehr Texte von Ursula Maria Probst

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Exposures / Gerwald Rockenschaub / Barry Flanagan
29.07 - 30.08.2007

Galerie Thaddaeus Ropac, Kunstraum Deutsche Bank
5020 Salzburg,


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