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City of Women: Labyrinth der Phantasmen

Dieses Nebeneinander höchst unterschiedlicher Strategien der Fotografie und überhaupt von Bildproduktion allgemein stiftet Unruhe. Offenbar mit voller Absicht konterkariert hier eine Position die andere. Geheimnisvoll Spiegelungen erotischen Begehrens in Form nächtlicher, weiblicher Schatten besetzt mit Zeichen von Angst und Ausgeliefertsein wie sie der Franzose Antoine d´Agata in Szene setzt, stehen unmittelbar neben den mit feinem ironischem Unterton aufgenommenen Porträts von Künstlerinnen aus Europa von Elfi Semotan. Auf der einen Seite wirkt die Frau geradezu in die Rolle des willenlosen Objekts gestoßen, auf der anderen Seite dagegen finden sich KünstlerInnensubjekte, welche die Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst haben: Die Schriftstellerin Elfriede Jelinek etwa oder die französische Bildhauerin Louise Borgouise, die ihrerseits wiederum Kritik am Männlichkeitskult der Surrealisten geübt hat. Solche Gegensätze und Brüche, ja, Unstimmigkeiten finden sich zuhauf in der Ausstellung City of Women. Wer nach der inhaltlichen Rahmung des umfangreichen Spätsommerprojekts in der Salzburger Galerie Fotohof sucht, wird unwillkürlich auf die klassische Triade "Bild - Blick - Geschlecht" zurückgeworfen. In einem an die Ausstellung angedockten, gesonderten Fotoband merkt Kuratorin Véronique Bourgoin lakonisch an "Our subject is woman and our goal is photography." Das Ausstellungsmotto selbst klingt wie der Titel eines fiktiven Films oder wie ein verklausolierter Verweis auf Utopisches. Die Losung City of Woman, welche die Vision von einem monogeschlechtlichen Ort evoziert, ließe sich durchaus als Anspielung auf den schon etwas mit Grünspan überzogenen Slogan "Frauen an die Macht" interpretieren. Zugleich klingen Erinnerungen an Federico Fellinis überbordenden surrealen filmischen Bilderbogen Stadt der Frauen (La città delle donne), gegen den in den 1970er Jahren militante Feministinen protestierten, an. Genau in dieser Polarität zwischen postfeministischem Genderdiskurs und dem stetigen Rütteln an den Grenzen des Korrekten bewegt sich die Werk-Auswahl. Die gleichzeitige Terilnahme von Künstlern wie der Gruppe Gelitin (A) und Miroslav Tichy (CZ) signalisiert dies. Während erstere als Bond-Girls posieren und dabei auf verquere Weise als homoerotische Modells auftreten, zeigt Miroslav Tichý eine Serie nahezu poetischer Frauenporträts aus seinem Heimatort Moravia. Dass so Bilder, Projektionen und Phantasmen von Frauen im europäischen Lebensumfeld angerissen werden, bleibt zwar erkennbar. Bewusst vermieden in dieser Versuchsanordnung wurde jedoch die lineare Übersetzung einer irgend einer These ins Ausstellungsformat. Roberto Ohrt (D) als einer der Dialogpartner von Kuratorin Véronique Bourgoin (F) meint, nach Debatten über selbstverwaltete Bilder, über Hegemonien und zum Thema Korrektheit, wäre es nun interessant, durch Widersprüche und Kontraste Spannung herzustellen. Schließlich wäre das Konzept nicht aus einer Defensive entstanden, da doch keine Not an feministischen Ausstellungen bestünde. Letzteres sei mal so stehen gelassen und lediglich als Schlaglicht auf die Konzeption von City of Women genommen. Die übergestülpte Dachmarke lässt sich als Metapher für Zusammengehörigkeit und Diversität gleichzeitig lesen. Im diesem assoziativen Nebeneinander bei gleichzeitiger Bezugnahme auf Netzwerke, Freundeskreise und Arbeitsbeziehungen ließe sich etwa ein Faden von Roberto Ohrt über Martin Kippenberger zu Elfi Semotan spinnen. Oder von Kuratorin Véronique Bourgoin zur ebenfalls vertretenen Künstlerin Charlet Kugel (F). Eine Provokation für gestrenge Augen bleibt das Projekt allemal, nicht bloß weil Künstler-Kuratorin Véronique Bourgoin aus zerstückelten Damen-Gliedmaßen ein Hakenkreuz formt und uniformierte Männer aus Fernost neben einer künstlich aussehenden Blondine im Unterkleid wie am Beginn eines Porno-Films posieren lässt. Die über teils holprige Wege und steile Haarnadelkurven führende Schau in der Salzburger Galerie Fotohof bricht auch aus dem für den Präsentationsort spezifischen Genre aus und bringt eine Videoarbeit (über weibliche Künstlerinnen) von Deborah Schamoni(D) und großflächige Collagen von Lucie Dodd (GB) mit unzähligen medialen Übersetzungen von Frauenbildern. An diesen Rändern der riskanten Operation droht das Konzept auszufransen. Zugleich werden aber Spielräume eröffnet. Wie warnt doch Kuratorin Véronique Bourgoin in Anspielung auf Jaques Lacán: Wenn Du hörst, die Frau existiert nicht, dann glaube das nicht; es ist die Fotografie, die nicht existiert.
Mehr Texte von Roland Schöny

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City of Women
17.08 - 29.09.2007

Fotohof (alter Standort)
5020 Salzburg, Erhardplatz 3
Tel: 662 - 849296, Fax: 849296 - 4
Email: fotohof@salzburg.co.at
http://www.fotohof.or.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 15.00-19.00 Uhr, Sa 10.00-13.00 Uhr


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