Werbung
,

Festival der Regionen 2007: Gang über den See Elisabeth

Diese kommt besonders hinterfotzig. Gerade als man sich leicht ungeduldig fragt, wo die für genau hier angekündigte Intervention von Pia Lanzinger denn nun eigentlich sein soll, entdeckt man sie im Fenster des Kebap-Lokals: "Türkei" ist da als virtuelle geografische Markierung in der Typografie des Lokals zu lesen, ergänzt durch Statements einer involvierten türkischstämmigen Einwohnerin. Ist der Blick erst geschärft, bemerkt man auch die Markierungen an den anderen Geschäftslokalen am Hauptplatz von Kirchdorf. Fast die ganze Erde scheint da in Form von woanders her Stammenden oder mit Zweitwohnsitzen allerorten Ausgestatteten vertreten zu sein, und alle, mit Ausnahme dreier Thailänderinnen, deren einheimische Ehemänner protestierten, geben schriftliche Statements zur jeweiligen Beziehung zu ihren Pieds-à-terre ab. Im Grundgedanken einfach und ohne künstlerische Vorbildung verständlich, ist das Projekt am besten in einer Art Schnitzeljagd mit Hilfe der Übersichtskarte zu rezipieren. Diese Interaktion zwischen dem per se vor Ort auf sein Publikum wartenden Kunstprojekt und den mobilen Betrachtern ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei einem Festival, dessen Publikum sich großteils aus Wochendausflüglern, sei es aus der Stadt oder aus der näheren Umgebung, zusammensetzt. Die notwendige Bewegung zwischen den einzelnen Stationen ist Teil des Leitthemas "Fluchtwege und Sackgassen". Dazu gehört auch die auf den Hauptplätzen von Kirchdorf und Windischgarsten gelb eingezeichnete Linie des Weges, den Anfang 1945 ungarische Juden in Richtung Mauthausen gehen mussten. Eine Tour mit Zeitzeugen und Überlebenden ergänzte das Projekt. Neben dieser Sackgasse ist auch die B 138 selbst Thema. Seit der Eröffnung des letzten Teilstücks der Pyhrnautobahn 2003 als Transitstrecke obsolet geworden, zeichnet sie sich heute hauptsächlich durch aufgelassene Tankstellen und Parkplätze aus, die ebenso wie ein desolates Einkaufszentrum in Kirchdorf Schauplätze von Plakataktionen, Fotoausstellungen und akustischen Installationen werden. Der politische Ansatz des zum zweiten Mal von Martin Fritz geleiteten Festivals kommt dabei gänzlich ohne Zeigefinger aus und lässt auch vergnügliche Aspekte zu, etwa in Peter Sandbichlers "Floating Maze", einer labilen Holzkonstruktion auf dem Elisabethsee, die es Badegästen ermöglicht, über das Wasser zu gehen.
Mehr Texte von Iris Meder †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Festival der Regionen 2007
23.06 - 08.07.2007

Festival der Regionen
Schlierbach, Kirchdorf/Krems, Micheldorf, Klaus a. d. Pyhrnbahn, St. Pankraz, Windischgarsten,
http://www.fdr.at


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: