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Claus Andersen: Decolonize your Mind: Befreie deinen Zweifel

Im Ausstellungsraum des offspace steht derzeit eine runde Hütte aus Pappe herum. In ihrem dunklen Inneren ist, vis-à-vis des niedrigen Eingangs, eine weiße Leinwand angebracht. Neben der Hütte liegt ein Stapel Plakate. Beides bildet die Installation „Decolonize your mind“ des dänischen Künstler Claus Andersen. Die Papphütte steht für die einfachen Behausungen von Einwohnern afrikanischer Länder. Das weiße Leinwandgemälde dagegen symbolisiert ein eurozentristisches Moderneverständnis, das den afrikanischen Kulturen übergestülpt wird, oder, um Andersens Symbolik zu benützen, eigentlich in diese eingeschmuggelt wird. Die leere, weiße Fläche steht einerseits für eine minimalistische Kompromisslosigkeit, andererseits ist sie eine Projektionsfläche, ähnlich einer Kinoleinwand, auf der sich nahezu alles abbilden ließe. Die Collage „Decolonize your mind“, auf der Andersens Plakat basiert, vereint ein Foto von Menschen, die unzweifelhaft aus einem Land der Dritten Welt stammen, mit einer minimalistisch-abstrakten Grafik. Es ist soweit schon klar: Andersen übt Kritik an einer postkolonialistischen Sichtweise, nach der außereuropäische Kulturen nach wie vor betrachtet werden. Und er hat Recht damit. Die Kunst der (europäischen) Moderne fungiert immer noch als Maßstab der Kritik, an dem auch Kunstäußerungen gemessen werden, die auf einem völlig anderen Kontext basieren. Umgekehrt ist unsere Wahrnehmung des „Anderen“ auf postkolonialistische Stereotype geradezu determiniert. Die Thematik ist nicht neu. Bereits zu Beginn der Neunziger wurde sie heftig diskutiert. Andersens Kritik erhält aber gerade jetzt massive Unterstützung durch die documenta 11, die durch ihre ersten vier Plattformen auf der Suche nach einer Neubewertung der Theorie im Verhältnis zur zeitgenössischen Kunst auch den eurozentristischen Blick verändern wird. Insofern ist „Decolonize your mind“ nicht gestrig, sondern gerade hip. Bleibt nur der berechtigte Zweifel, ob es überhaupt möglich ist, des „Andere“ unvoreingenommen wahrzunehmen, oder ob nicht der Versuch, sich aus dem alten System zu befreien, nicht zwangsläufig zur Konstruktion neuer Stereotype führt.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Claus Andersen: Decolonize your Mind
16.02 - 23.03.2002

offspace
1030 Wien, Gärtnerg 1
Tel: +43 1 961 98 41, Fax: wie tel.
Email: offspace@chello.at
http://www.8ung.at/offspace
Öffnungszeiten: geschlossen


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