52. Biennale von Venedig – Herbert Brandl: Velum mit bunten Flecken
Als 2005 unser von Max Hollein ausgewählter Nationalvertreter auf der Venedig-Biennale Hans Schabus war, hieß seine Arbeit mit Bezug auf die Lage des Österreich-Pavillons in der hintersten Ecke der Giardini "Das letzte Land". Einer derartigen geographischen Lesart folgend, ließe sich der Josef Hoffmann-Bau 2007 einen weißen Fleck auf der Lagunen-Kunstlandkarte nennen.
Zum diesjährigen Motto der Biennale, "Think with the Senses - Feel with the Mind. Art in the Present Tense”, passt die Präsentation von dreizehn, meist sehr großen Arbeiten des 1959 in Graz geborenen Malers Herbert Brandl jedenfalls nur mit größten Einschränkungen. Es konnte sich seit der Bekanntgabe der Wahl eigentlich niemand wirklich vorstellen, wie der einstige Vertreter der in den achtziger Jahren sogenannten Neuen Wilden, einer losen Reihe von Künstlern, die sich nach dem Malerei-Bashing der Siebziger wieder für das verpönte Medium begeisterten, den aktuellen Ansprüchen einer 2007er-Biennale genügen sollte.
Jetzt bestätigt der Lokalaugenschein: Der Österreich-Pavillon ist ein Desaster. Nicht, dass eine Würdigung einer bereits historischen Position nicht vertretbar wäre. Doch das, was noch bis Ende November die Wände des Österreich-Pavillons zieren wird, hätte dort entweder vor zwanzig Jahren hängen sollen. Oder eben gar nicht. Wie wenig selbst der für die Wahl verantwortliche österreichische Biennale-Kommissär Robert Fleck den gestisch-abstrakten, lyrisch-entrückt an Landschaften erinnernden Gemälden abgewinnen konnte, offenbart verräterisch ein fast freudianischer Wiedergänger von einem Pressetext, dessen peinlichster Tiefpunkt - wörtlich - lautet: "Insgesamt werden auf den Gemälden alle Buntfarben durchgespielt."
Was wäre dem sinnvollerweise noch hinzuzufügen? Höchstens die Frage, wie es möglich ist, dass eine einstmals doch nicht ganz uninteressante künstlerische Position derart zum Kitsch verkommen konnte? Oder auch: Welche Interessen Robert Fleck mit dieser Auswahl bedient? Doch zum Glück gibt es 2007 sozusagen einen zweiten Österreich-Pavillon: In nonchalanter Erweiterung des in den letzten Jahren immer wieder zu eng gewordenen Schemas der Nationalpräsentationen ist im ungarischen Pavillon eine monographische Ausstellung des ungarnstämmigen Österreichers Andreas Fogarasi zu sehen. Sein Projekt "Kultur und Freizeit" besteht aus einer Serie von kurzen, poetisch-dokumentarischen Filmen, die in skulpturalen schwarzen Boxen zu sehen sind. Sein Thema ist eine Untersuchung von in den fünfziger Jahren gegründeten, ehemals staatlichen Kulturzentren in Budapest und ihres aktuellen Status’: "Arbeiter verlassen das Kulturhaus", ist ein sehr sprechender Titel eines der Videos. Der Ungarn-Pavillon ist damit einer der spannendsten dieser künstlerisch sonst einmal mehr ziemlich unterdotierten 52. Biennale.
10.06 - 21.11.2007
Österreichischer Pavillon - La Biennale di Venezia
30122 Venezia, Giardini della Biennale
https://www.biennalekneblscheirl.at
Öffnungszeiten: täglich 11 - 19 h, Fr, Sa bis 20 h,
Montag geschlossen außer 25/07, 15/08, 5/09, 19/09, 31/10, 21/11