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Marcel Breuer. Design und Architektur: Freischwingen und Abhängen

Gegen den Anblick des unsäglichen neuen Nationaltheaters nebenan hat man die Exponate der Marcel-Breuer-Ausstellung gnädigerweise mit einer roten Wandscheibe abgeschirmt. Frei bleibt der Blick von den Ausstellungsräumen im "Palace of Arts" über die Donaubiegung in Richtung der Budapester Innenstadt. Flussaufwärts zog es 1920 auch den in Pécs geborenen Marcel Breuer, dessen Karriere nach einer Zwischenstation in Wien einen rasanten Aufsteig nahm, als er wie die Pécser Kollegen Fred Forbáth, Andor Weininger und Farkas Molnár zu Walter Gropius ans Weimarer Bauhaus ging. Bereits als Neunzehnjähriger konnte er dort Möbel für das Sommerfeld-Haus realisieren, mit 25 hatte er den Stahlrohr-Freischwinger und den "Wassily"-Clubsessel entworfen. Bald schon experimentierte der Rastlose mit den Materialien Aluminium und Sperrholz. Neben Reihen von Prototypen der Klassiker erinnert die zu seinem 100. Geburtstag 2002 vom Vitra Design Museum zusammengestellte Wanderausstellung, die jetzt in Budapest Station macht, aber auch an den in Europa immer noch unterschätzten Architekten Breuer, der nach weiteren Stationen in Budapest und London schließlich in den USA wieder zu Gropius stieß. Aus seinem breiten architektonischen Werk ist eine (leider sehr reduzierte) Auswahl getroffen worden, die Konstanten seines Werks wie Auskragung oder Struktur behandelt. Aus Originalzeichnungen wurde zugunsten von Fotos, Modellen und aus Schubladen herausziehbaren Plänen verzichtet. Man sieht Schweizer Nonnen auf Freischwingern, waghalsig über Abhängen schwebende Ski-Hotels und Sichtbeton-Kirchen, deren Glockenturm quer über dem Schiff liegt. Und Breuers zeitlos moderne Einfamilien-Bungalows, deren Wohnqualität auch nach bis zu 60 Jahren schwer zu übertreffen sein dürfte. 1970 mit dem Ehrendoktorat der Budapester Technischen Universität geehrt, konnte Breuer in seiner alten Heimat letztlich keine Bauten realisieren. Der Aderlass der ausgewanderten ungarischen Moderne war trotz beachtlicher Leistungen noch in der Nachkriegszeit wohl doch beträchtlich. Wie ein Blick hinter die rote Wand dann doch wieder klar macht.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Marcel Breuer. Design und Architektur
04.05 - 02.09.2007

lumu - Ludwig Museum
1095 Budapest, Komor Marcell u. 1.
Tel: +36 1 555 3444, Fax: +36 1 555 3458
Email: info@ludwigmuseum.hu
http://www.ludwigmuseum.hu
Öffnungszeiten: Di-So 10-20 h


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