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Manfred Erjautz: Gefangen in der Gegenwart

Um es gleich vorwegzunehmen: weitaus spannender als die per Überwachungskamera gefilmten Gewaltpersiflagen eines fingierten Bankraubes und die als Diaprojektionen gezeigten Stuntmaneinlagen mit aus Legosteinen spielerisch nachgebauten Maschinengewehren, sind in der One Man Show von Manfred Erjautz im Hauptraum der Secession seine architektonischen Interventionen. Manfred Erjautz bricht mit einem Ausblick ins Freie die Geschlossenheit des Raumes auf, der als eine der Ikonen des White Cubes das Ausstellungsprogramm der Secession bis dato mitgestaltete. Die Verlockung nach draußen zu dringen, ist derartig groß, dass man Gefahr läuft, gegen die Glasscheibe zu knallen, die weiterhin den Außen- vom Innenraum trennt. Zugleich gewährt die Scheibe um jede Tages- und Nachtzeit Einblick in die Ausstellung. Die Situation des Durchbruchs findet im Innenraum seine Fortsetzung in imaginären Korridoren, die Manfred Erjautz in bewährter Manier als C-Prints auf Aluminiumplatten frei schwingend im Raum installiert. An einer wiederholten Entmystifizierung von Produktions- und Rezeptionsmodellen operierte Erjautz bereits in seinen Werken mit Logoaufklebern. Wen wundert es dann noch, in einer Welt der Simulacren auf einen Schneemann aus Marmor zu stoßen, der im Park hinter der Secession zur Touristenattraktion wird. Manfred Erjautz ergänzt diese Demystifzierung ästhetisch codierter Kunstobjekte durch das Wortspiel \Gefangen in der Gegenwart\ und entfaltet ein semiotisches Spiel, dessen Struktur auf den Urvater der Konzeptkunst Marcel Duchamp zurückgeht. Einen operativen Charakter erzeugt im Innenraum eine Neoninstallation in der kopfüber an einer Straßenlampe die übergroßen Initialen ME montiert sind und die auf den Boden die Umrisse WE reflektieren. Nachdem Erjautz bisher fremde Logos entfunktionalisierte, bringt er nun sein eigenes semiotisch zum Kippen und belässt es zugleich als piktografische, textuelle Hülle im Raum. Der thematisierte Konflikt zwischen Subjektposition und sozialem Gefüge bleibt unspezifisch wie ein Schatten in Schwebe. Der erwartete Showdown bleibt allerdings aus.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst

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Manfred Erjautz
14.02 - 14.04.2002

Secession
1010 Wien, Friedrichstrasse 12
Tel: +43 1 587 53 07, Fax: +43 1 587 53 07-34
Email: office@secession.at
http://www.secession.at
Öffnungszeiten: Di-So 14-18 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Ausblick aus dem White Cube
we | 06.04.2002 06:40 | antworten
dieser Ausblick ins Freie ist allerdings keine besonders frische Idee, inzwischen eher die Standardlösung, um in der Sezession symbolisch und unverbindlich den White Cube herauszufordern. (vgl. etliche vorangegangene Ausstellungen)

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