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Das Kapital - Blue Chips & Masterpieces: Global denken, getrennt handeln

Ernst Ploil, so denken wir uns, verkauft seine Sammlung. Es sind wenig Österreicher unter dem, was er besitzt, dafür Ad Reinhardt, Donald Judd, Dan Graham, und das hat natürlich seinen Preis. Zu hoch ist er für das Wiener MUMOK, das die Kollektion gerne hätte, doch nun tut sich Edelbert Köb zusammen mit Milan Knizak von der Prager Nationalgalerie und mit Hans-Werner Schmidt aus Leipzig, und man erwirbt den Bestand gemeinsam. Die konzertierte Aktion über Ländergrenzen hinweg, bei der zwar kaum nationales, aber dafür sehr viel internationales Gut anfällt, zieht keine Kampagne der FPÖ nach sich, die Kronenzeitung hält auch still, und einzig Peter Noever bemängelt, dass er nicht gefragt worden ist. Undenkbar, nicht wahr, das Ganze? In Frankfurt hat es sich gerade so abgespielt, Ernst Ploil heisst hier Rolf Ricke, der Jahrzehnte lang eine Galerie in Köln betrieben hatte und dem dabei schöne Stücke für eine Sammlung untergekommen sind, Köb heisst Udo Kittelmann und ist Direktor des Museums Moderner Kunst, Prag und Leipzig heissen Vaduz und St. Gallen, statt Reinhardt oder Graham gibt es Artschwager oder Sonnier, Judd ist hier wie dort dabei, und darüberhinaus gibt es noch diverse Vertreter einer jüngeren Generation, Steven Parrino etwa oder Thom Merrick. Zweifellos ist die Versammlung USA-lastig, doch da geht es zu wie im richtigen Leben. Undenkbar also, das Ganze, und dazu kommt noch das eigentliche Schatzkästlein, ein Konvolut an Werken von Künstlern wie Barry Le Va, Lee Lozano, Robert Stanley oder Lewis Stein, die genauso alt und genauso dezidiert sind wie die Helden von Minimal und Conceptual, aber aus irgendwelchen Gründen deren Berühmtheit hinterherhinken. Es sind genau solche Gestalten, die Potential haben, ästhetisch als Entdeckungen und ökonomisch als Geldanlagen. Dieser Ankauf dieser Sammlung jedenfalls hat sich jetzt schon rentiert. Der Stolz, mit dem das MMK nun zeigt, was ihm zugefallen ist für den Bestand und fürs Renommee, ist berechtigt. Die Neuerwerbungen werden, wie es Tradition hat, ins Vorhandene eingegliedert, auf dass es wirke wie immer schon so beabsichtigt. Parrino hängt also vis-à-vis einer Übermalung von Arnulf Rainer und eine soeben erworbene Cady Noland Seit an Seit mit einem alteingesessenen Robert Gober. Jedes der drei Häuser hat sich seinen Anteil am Kuchen eigens gesichert und separat finanziert. Die Verhandlungen darüber, wer was bekommt und bezahlt, waren übrigens nach drei Stunden über die Bühne. Undenkbar, das Ganze.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Das Kapital - Blue Chips & Masterpieces
21.04 - 26.08.2007

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