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Günther Selichar - Screening: Leonardos Wand im Monitor

Ein Verehrer von Barnett Newman scheint Günther Selichar nicht gerade zu sein. Er konnte, erzählt er in einem Interview (brg.adm.at/interview.html), das "religiöse Pathos in Newmans Werk nie ausstehen". Dennoch bezieht er sich in seiner Arbeit "Who`s Afraid of Blue, Red and Green?" eindeutig auf den mit seinen ikonenhaften Gemälden selbst zur Ikone geratenen Meister des abstrakten Expressionismus. Nicht mehr die subtraktive Farbsynthese dessen "Who`s Afraid of Red, Yellow and Blue?" ist im 21. Jahrhundert jedoch paradigmatisch für die visuelle Information, mit der wir tagtäglich zu tun haben, sondern die additive des Computerschirms. Selichar führt diese auf das denkbar Altmodischste zurück, das es in der bildenden Kunst überhaupt geben kann: Die Malerei. 15 Kilo Pigmente der drei Farben hat er streifenweise zwischen sogenannte Stegdoppelplatten gefüllt - Malerei pur, gewissermaßen. Dennoch erscheint diese nahezu technoid; im Gegensatz dazu wirken die "Screens, cold" (schon seit Jahren fotografiert Selichar abgeschaltete Bildschirme stark vergrößert) teilweise nahezu organisch: Einer davon etwa sieht eher wie gewebter Stoff aus, einer erinnert an eine Montage mit bunten Papieren, und bei dem größten, der fast drei Meter lang ist, muss man an Leonardo da Vinci denken, der zur Anregung der Fantasie empfahl, lange auf eine Wand zu starren - mit der Zeit würden sich Figuren, ganze Schlachtenbilder, von selbst zeigen. Selichars abgeschaltete Bildschirme konstatieren eher das Potentielle als das Tatsächliche, das, was sein könnte, wenn man sie wieder anwerfen würde. Formal finden sich in den Arbeiten des studierten Kunsthistorikers und Archäologen dabei Referenzen auf immer wiederkehrende Topoi in der Geschichte der abstrakten Malerei: Die Monochromie, das Pattern oder das Raster etwa - auch wenn Selichars Arbeiten, streng genommen, nicht abstrakt sind. Eine ganz neue Diskussion ist dies zugegebenermaßen nicht. Dass aber die immer so perfekt erscheinenden neuen Medien in ihrer riesenhaften Vergrößerung dann eben doch an Glätte verlieren, überrascht dennoch.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Günther Selichar - Screening
10.05 - 22.06.2007

Galerie Lindner
1060 Wien, Schmalzhofgasse 13/3
Tel: +43 1 913 44 58, Fax: +43 1 913 44 58
Email: Galerie.Lindner@chello.at
http://www.galerie-lindner.at
Öffnungszeiten: Do+Fr 14-18 h


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