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Vormittagsspuk mit Seestern

Ist von der Klassischen Moderne die Rede, machen sich bei manchen Menschen Ermüdungserscheinungen bemerkbar: Schon wieder Schiele, Chagall, Picasso etc.? So oft wurde man in den vergangenen, sagen wir: 15, Jahren in Wien in den berüchtigten Namedropping-Ausstellungen mit den Flaggschiffen der Klassischen Moderne konfrontiert, dass die Lust auf dieses Kapitel der Kunstgeschichte gelitten hat. Dass mit Klassischer Moderne allerdings bedeutend mehr gemeint ist, als Institutionen wie das Ba-Ca Kunstforum, die Kunsthalle Krems oder die Albertina mit einem dahingehend völlig austauschbaren Programm dem Kunstfreund weismachen wollen, beweist derzeit eindrucksvoll das Mumok mit einer durch Leihgaben aus der Fotosammlung der Albertina und dem Österreichischen Filmmuseum aufgepeppten Neuaufstellung seiner Sammlungsbestände. Nicht nur, dass das üble Spiel des Namedroppings angesichts der Dichte der versammelten künstlerischen Qualität schlicht jeden Sinn verlöre (wäre es beabsichtigt), machen auch die Auswahl und die Kombinationen von Werken unterschiedlichster Medien neben einander Lust, die schon so oft wiedergekäuten Prinzipien der ästhetischen Moderne wieder wie taufrische Neuigkeiten anzusehen. Bedeutungsvoll in diesem Zusammenhang ist nicht nur die Neuaufstellung von Skulpturen, Malerei, Grafik, Fotografie, Design und Architektur nach stilistischen und inhaltlichen Zusammenhängen, sondern auch der Einbezug der "siebten Kunst", des Films, innerhalb des Ausstellungszusammen-hangs. In einem Kinoraum wird eine Auswahl von 7 Avantgardefilmen der 20er Jahre zu sehen sein. Wem das Appetit gemacht hat, der sollte sich die Abende vom 21. bis zum 30. März frei halten und ins Filmmuseum gehen. Dort gibt es nämlich einen Überblick über die bedeutendsten Werke des frühen Avantgardefilms zu sehen, vom "absoluten Film" und dem "Cinéma pur" eines Walter Ruttmann oder Fernand Léger über die dadaistischen Konzepte von Man Ray und Marcel Duchamp und die Futurismen des Mannes mit der Kamera, Dziga Vertov, zum surrealistischen Film mit seinen Höhepunkten, den beiden Buñuel-Dalí-Skandal-Produktionen "Un chien andalou" (1929) und "L`Age d`or" (1930) und anderen Zimelien der Filmkunst. Gerade in unmittelbarer Nähe zur Ausstellung der bildenden Kunst wird sichtbar, wie sehr der Avantgardefilm der Klassischen Moderne Teil des gemeinsamen, imaginären "Laboratoriums" war. Viele der wichtigen Experimentalfilmer der zwanziger und dreißiger Jahre waren selbst Künstler, wie Fernand Léger, Hans Richter, Man Ray, Marcel Duchamp, Jean Cocteau, László Moholy-Nagy oder Salvador Dalí. Andere, wie Luis Buñuel, Walter Ruttmann, Dziga Vertov oder Germaine Dulac, standen Künstlern, Gruppen oder künstlerischen Konzepten wie dem Surrealismus oder dem russischen Konstruktivismus nahe. In 11 Programmen, teils nach Themen kuratiert, lässt sich im Filmmuseum ein Überblick gewinnen über alle frühen Versuche, Gegenentwürfe sowohl für die dramatisch-narrativen, als auch die formalen Elemente des kommerziellen Kinos zu erfinden. Wie für die Bilder, die Architektur, die Konzepte gilt auch für die Filme: Von dem, was dort entwickelt wurde, zehren andere noch heute. Mumok, Wien, bis 7.10.07 Österreichisches Filmmuseum, 21.3-30.3.07
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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