Ursula Maria Probst,
Nathalie Djurberg - Denn es ist schön zu leben: Jenseits von Gut und Böse
Novizinen, die sich in Haustiere verwandeln, eine alte dicke Frau, die ihren Diener mit der Peitsche knechtet, frivole Orgien zwischen einem Mann und drei Frauen, Mädchen, die sich am Missbrauch des Vaters rächen, der Leichenschmaus von Krähen am Schlachtfeld, Models im Zickenkrieg, eine Königin, die von einem Elch im Wald penetriert wird - alle möglichen Formen der Perversion von Sodomie über Sadismus bis zum Masochismus werden von der jungen schwedischen Künstlerin Nathalie Djurberg in ihren Animationsfilmen durchgespielt.
Dafür verwendet sie in künstlerischer Übersteigerung fern von jedem Pornoverdacht als Gegenstrategie zur gesellschaftlichen Disziplinierung von Körpern und sexuellen Lüsten das knetbare Material Plastilin. Natalie Djurbergs Ausschweifungen und unzüchtige Darstellungen aus Plastilinfiguren jenseits gesellschaftlicher Reglementierungen und einer realen political correctness zeichnen detailliert Aggressionsventile zwischen sexuellen Machtverhältnissen, Disziplinierung, Diskriminierung und Rassismen nach.
Im project space der Kunsthalle Wien versinkt man/Frau angesichts der über 15 Monitore flimmernden Animationsfilme in die visuellen Exerzitien von Nathalie Djurbergs Puppenspiele, die sich durch die Unschuld der Gestaltungsmittel in völligem Kontrast zu ihren grausamen Erzählungen befinden. Jede emotionale Regung spiegelt sich in der Mimik der Plastilingesichter wider, die Dramaturgie switcht zwischen zärtlicher Annäherung und abrupter Kehrtwende in die Brutalität. Die direkte Körperlichkeit der Figuren und ihr psychologischer Spürsinn für Schänder und Geschändete lösen eine Erregung aus, der sich kaum jemand entziehen kann. Erniedrigungen, Pädophilie, Obsessionen, Passionen, Gewalt und die Labilität einer schönen heilen Welt erfahren durch den elektronischen Soundtrack von Hans Berg eine zusätzliche Steigerung. Der Soundtrack forciert das Geschehen und wirkt gleichzeitig gegenläufig zur Rohheit des Materials und der Slasher-Szenen.
"Mein grünes Krokodil" (1966) des russischen Animationsfilmers Vladim Kurchevsky zählt zu Natalie Djurbergs Lieblingsanimationen, inspiriert wurde sie von Künstlern wie den Chapman Brothers, Rodney Graham oder Chris Burden. Den Schauplatz für Natalie Djurbergs Tabubruch bilden Schlösser, Kinderzimmer, bürgerliche Interieurs oder unheimliche Wälder. Anleihen zur Opulenz des Rokokos oder zur Choreographie der Slapstickästhetik der 1920er Jahre tauchen auf. In der Animation "New movements in fashion" (2006) wandelt sich der Dresscode von Models als Fashionvictims in einen übermütigen Folkloretrend. Die Animation "On fire" (2006) wirft erneut die Frage auf, wie eng die Grenzen zwischen Selbstermächtigung und Selbsterniedrigung verlaufen und visualisieren fantastisch deren emotionale Spannungszustände.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst
Nathalie Djurberg - Denn es ist schön zu leben
31.01 - 13.03.2007
Kunsthalle Wien Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz/Treitlstraße 2
Tel: +43 1 52189-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 11-19, Do 11-21 h
31.01 - 13.03.2007
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