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Re-Object - Marcel Duchamp, Damien Hirst, Jeff Koons, Gerhard Merz: Das Objekt als kreativer Raum

So viele Kunst-Berühmtheiten auf einmal hat es im Kunsthaus Bregenz noch nicht zu sehen gegeben. Damien Hirst, Jeff Koons und Gerhard Merz, jeder für sich ein Publikumsmagnet, antworten in je einem Stockwerk auf das Werk Marcel Duchamps, das vom ausgewiesenen Duchamp-Kenner Prof. Herbert Molderings auf die Essenz zugespitzt im Erdgeschoss präsentiert wird. Molderings, ein karger Intellektueller mit französischem Akzent, versucht Marcel Duchamp vor dem Zugriff der Kunstwelt zu retten. Die Ready-Mades, so seine These, waren nie für eine Galerie oder ein Museum bestimmt, sondern funktionieren im Sinne Duchamps nur in seinem New Yorker Wohnatelier, das in der Ausstellung in lebensgroßen Schwarz-Weiß-Fotos gezeigt wird. In diesem ursprünglichen Kontext erfüllen Ready-Mades, wie etwa das Pissoirbecken aus Porzellan, die Funktion den Raum neu zu definieren. Der Euklidische Raum wird aufgelöst in einen kreativen Raum, der "undefiniert, beweglich und offen" sein soll. Ein Schlüsselwerk dieser Ausstellung ist Duchamps "Fresh Widow". Es stellt ein geschlossenes Balkonfenster dar. Duchamp schließt hier sozusagen das Fenster der Renaissance, das den Blick in einen perspektivisch-illusionistischen Raum eröffnete, und erklärt das Objekt selbst, hier eben das geschlossene Fenster, zum eigentlichen Kunstwerk, zum Objekt an sich. Er vollzieht damit auf künstlerischen Ebene den philosophischen Wechsel von platonischer Idee zur aristotelischen Wirklichkeit, nicht die Idee des Fensters, sondern genau dieses Fenster an sich, ist von Interesse. Diese epochemachende Tat, auf die vorgefundenen Objekte als Kunstobjekte zu verweisen, haben Generationen von Künstler immer wieder inspiriert. So hat Jeff Koons seinen berühmten Balloon Dog aus der Alltagswelt genommen, monumental vergrößert und als Objekte der Begierde präsentiert. So hat Damien Hirst seinen Tigerhai, den er extra vor der Küste von Australien fangen ließ, in eine Formaldehydlösung gelegt und in seiner ganzen Schrecklichkeit zum Kunstwerk erhoben. So hat Gerhard Merz 395 Leuchtstoffröhren aneinandergereiht, und zum Kunstobjekt erklärt. Seine Bilder "Luzifer" und "Malacoda" sind nach den Oberteufeln der Göttlichen Komödie benannt. Gemalt sind sie mit Lack, Staub und Haaren. Auf die Frage warum, meint Merz lapidar: "Wenn Sie ein Bad nehmen und dann das Badewasser über eine Leinwand schütten, dann haben sie genau dieses Bild." Eine eigentümliches Paradox tut sich zum malerischen Inferno auf, wenn Merz einen Maler des 18. Jahrhunderts zitiert, der sich sorgt dereinst vor dem Herrgott nicht bestehen zu können, weil er sein Talent nicht genutzt hätte. Zum 10. Geburtstag eröffnet das Kunsthaus Bregenz eine neue Reihe, nämlich nicht nur zeitgenössische Personalen zu zeigen, sondern auch kunsthistorische Positionen einzubinden. Garniert mit Sensationellem wie Hirsts Hai oder Koons` Hasen kann der Besucher einen Quantensprung im persönlichen Kunstverständnis machen. Kurz, diese Art von Themen-Ausstellung ist ein Gewinn, zu dem man dem Kunsthaus zum 10. Geburtstag nur gratulieren kann.
Mehr Texte von Wolfgang Ölz

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Re-Object - Marcel Duchamp, Damien Hirst, Jeff Koons, Gerhard Merz
18.02 - 13.05.2007

Kunsthaus Bregenz
6900 Bregenz, Karl Tizian Platz
Tel: +43 5574 48 594-0, Fax: +43 5574 48 594-8
Email: kub@kunsthaus-bregenz.at
http://www.kunsthaus-bregenz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


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