Goschka Gawlik,
Klaus Pobitzer - All about Bananas: Bananenrepublik in Atemnot
Obwohl Affen und Bananen in der Natur zusammengehören, treten sie in der Kunstwelt doch zumeist getrennt auf. Und dort zählen sie besonders dann zu den wichtigen Emblemen des künstlerischen Aktionismus gegen das Establishment, wenn es sich darum handelt, gewisse Sachverhalte in Frage zu stellen oder gesellschaftliche Missstände aufzudecken. Bei Warhols Banane ging es darum, die unterernährte Kunstszene sichtbar zu machen, während die Guerilla Girls die Unterdrückung des weiblichen Kunstsubjekts vorführten. Warhol und die Guerilla Girls sind längst Kunststars. Und Klaus Pobitzer, das enfant terrible der österreichischen Kunstszene, ist nun ebenfalls auf dem besten Weg, bald einer zu werden. Seine zwischen Fotografie, Zeichnung und Skulptur angesiedelten ikonischen Werke sind ihrer Umwelt enthoben und wegen ihrer phallischen, wolkenkratzergleichen Präsenz im Raum kaum zu übersehen. Aber ist Wien deshalb schon New York? Denn während die Wolkenkratzer drüben die Auferstehung versprechen, reckt sich der Steffl hüben vergeblich danach, und so evoziert der maßlose Ausdruck von Pobitzers Bildnissen, die Stars und Sternchen von nebenan in ihrer ganzen körperlichen Pracht zeigen, hierzulande bis dahin bloß das Unheimliche, obwohl der Big Apple doch als Geburtsstätte des modernen Starkults gilt.
Der Künstler platziert seine hyperrealen Bilder - schon allein wegen ihrer schieren Größe - notgedrungen im öffentlichen Raum und inszeniert sie im Geiste des Films und der Agitprop. Bei aller Pulp-Trivialität seiner "Papierartefakte" geht Pobitzer dabei aber doch erstaunlich politisch korrekt vor: Denn seine Domäne soll die kontrollierte und schicke Provokation sein. Vor kurzem attackierte er also mit seiner cool kalkulierten, von A bis Z gestylten Aktion/Performance "All about Bananas" die "demokratiepolitische Zukunft Österreichs" am Beispiel des verfassungswidrigen Ortstafel-Aktionismus des Provinzjunkers Jörg Haider. Mit provokanter Lust ließ er mehrere Kunstgorillas singen und laufen und dazu symbolträchtig neue Ortstafeln neben den bisherigen Streitobjekten in Bleiburg/Pliberk aufstellen, die in Deutsch, Slowenisch sowie einer eigens kreierten Bananensprache gehalten waren. Kärnten wird dreisprachig - versprach der Widersacher Pobitzer und wurde dabei PR-wirksam von Gerald Matt, dem Direktor der Kunsthalle Wien, unterstützt.
Der öffentliche Raum bildet für Pobitzers Kunst den idealen Ort für den Zusammenprall mit den Meinungen bzw. der Meinungslosigkeit der Vorbeigehenden. Seine Aktion "All about Bananas" findet daher im Uszynska Schaufenster - dem neuen Open Air-Kunsttreff Wiens und zugleich dem kleinsten Kunsthaus der Stadt - eine Fortsetzung: Das Engagement bleibt somit, und das Schaufenster, mit einem prähistorischen Bananengott und anderen umgestalteten staatlichen Machtsymbolen sowie Goldrequisiten der vom Künstler erfundenen Republik dekoriert, wird die Menschen in seinen Bann ziehen und den Medien keine Wahl lassen: Sie werden alle kommen. Kunst bedeutet, ganz im Sinne des neuen Bundeskanzlers, eben auch, einfach die Politik des Machbaren zu demonstrieren.
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Klaus Pobitzer - All about Bananas
25.01 - 15.02.2007
Uszynska Schaufenster
1060 Wien, Gumperdorferstr. 22 / Fillgradergasse
25.01 - 15.02.2007
Uszynska Schaufenster
1060 Wien, Gumperdorferstr. 22 / Fillgradergasse
Ihre Meinung
2 Postings in diesem Forumhttp://www.youtube.com/watch?v=zARkn41xybI
james lee bayers | 06.02.2007 04:28 | antworten
das video zur aktion
Zur Tiefsinnigkeit der "Bleiburg-Performance"
gaff | 20.02.2007 08:24 | antworten
Ziel der "Bleiburg-Performance" war es mit Mitteln der Kunst auf einen Missstand, nämlich die Missachtung von Minderheiten- und Menschenrechten, hinzuweisen.
Tatsächlich bleibt unerfindlich, warum das Aufstellen zweisprachiger Ortstafeln in einigen wenigen Kärntner Gemeinden ein politisches Problem darstellen soll.
Ebenso unerfindlich scheint aber auf den ersten Blick zu sein, warum dieser für Österreich beschämende Missstand mit folgenden Mitteln thematisiert wird:
Der Direktor einer europäischen Kunst-Institution mit dem wegweisenden Namen "Matt" posiert mit Sonnebrille in Begleitung haariger Gorillas mit orangenen Notfallwesten, die - zumindest nach der Intention der beteiligten Performance Künstler - eindeutig aus "Bananenrepubliken" stammen müssen.
"Die Aktion hat zur richtigen Zeit eine ironische Note zum Konflikt gesetzt und zeigt, was Kunst sein kann"
"Die Aktion hat bewiesen, dass Kunst eine starke symbolische Macht hat. Sie kann keine Politik machen, aber Denkanstöße geben."
Zitate: Gerald Matt, Direktor der Kunsthalle Wien
Hat die oben abgebildete "Bleiburg-Performance" tatsächlich zum richtigen Zeitpunkt eine ironische Note gesetzt und demonstriert, wie Kunst Denkanstösse geben kann?
Auf den ersten Blick scheint die Thematisierung des sensiblen Bereichs der Minderheiten- und Menschenrechte durch die Symbolik von "primitiven Affen aus Bananenrepubliken" nämlich denkbar ungeeignet, ja geradezu beschämend!
Die Annahme, dass die beteiligten Künstler und der Direktor der Kunsthalle diese Aktion einfach nicht durchdacht haben, kann nur ein Fehlschluss sein. Die Schirmherrschaft der Kunsthalle Wien kann vielmehr nur als Hinweis auf die Bedeutung und Tiefsinnigkeit der "Bleiburg-Performance" gewertet werden!
Es gilt daher wohl jene Interpretation zu wählen, die zu dem Ergebnis kommt, dass die gewählten - wahrhaft radikalen - Mittel tatsächlich geeignet sind, den Misstand der Missachtung von Minderheiten- und Menschenrechten aufzuzeigen.
Jede andere Interpretation verbietet sich angesichts der Prominenz der beteiligten Künstler, wie auch dieses "Schaufenster" zeigt!
Zweifelsohne haben die Performance Künstler den Bedeutungsgehalt des Wortes "Bananenrepublik" eingehend reflektiert und diesen mit der Symbolik von primitiven Affen ganz bewusst betont. Der ganze Sinngehalt dieser vielseitig durchdachten Aktion atmet den Geist der wegweisende Analyse von Susan Arndt und Antje Hornscheidt (Hg.) : „Afrika und die deutsche Sprache“:
"Und wenn Afrikaner und Afrikanerinnen als „Eingeborene“, „Wilde“ „Jäger und Sammler/innen“ (...) umschrieben werden, verfestigt sich nur der Irrglaube von der „Primitivität“ und Unterlegenheit von Afrikaner/inn/en im Weißen Bewusstsein. Das zeigt sich exemplarisch darin, dass analoge Konzeptionen auch in aktuelle Wortschöpfungen wie etwa „Entwicklungsland“ und „Bananenrepublik“ Eingang finden. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Notwendigkeit, in einer kritischen Aufarbeitung des Kolonialismus, begriffsgeschichtliche Zeugnisse dieser Zeit nur gebrochen zu verwenden."
Die Annahme, dass die beteiligten Performance Künstler sich des wortetymologischen Hintergrunds der von Ihnen gewählten Begriffe bewusst sind, ist schwer von der Hand zu weisen. Sie haben augenscheinlich die Methode des Aufzeigens rassistischer Tendenzen mittels rassistischer Begriffe in ironischer Überzeichnung gewählt und spielen so gekonnt auf der Klaviatur rassistischer Vorurteile.
Letztlich drängen sich dem kritischen Betrachter noch zwei Fragen auf:
1) Wo waren eigentlich die erwähnten "Guerilla Girls“?
2) Ist es die Funktion von Ortstafeln, Orientierung zu verschaffen, wenn man sich verfahren hat?
gaff.at
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