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Zwischendurch: Diverse Tätigkeiten: Immaterielle Arbeit und Acryl

Recht verbreitet ist mittlerweile die Ansicht, Wertschöpfung finde heute nicht mehr in der Fabrik statt, sondern in der gesamten Gesellschaft. Statt der Fließbandarbeit sei nun die immaterielle Arbeit die vorherrschende Produktionsform: In ihr werden "intellektuelle Fähigkeiten (...) mit handwerklichem Geschick" kombiniert, die wiederum "Kreativität, Imagination, technische Kenntnisse und manuelle Fertigkeiten" zusammenfügen. Und sie schließt "die Fähigkeit ein, unternehmerische Entscheidungen zu treffen (...)." Für sich genommen liest sich diese, vom postoperaistischen Theoretiker Maurizio Lazzarato gegebene Definition auch wie die Jobbeschreibung eines Künstlers/einer Künstlerin. Und das ist der Punkt, an dem die Salzburger Gruppenausstellung ansetzt. Dass die KünstlerInnen den neuen Arbeitsverhältnissen den Weg gewiesen haben, wird ebenfalls nicht nur im Anschluss an den italienischen Operaismus konstatiert. Mehr als siebzig KünstlerInnen sind deshalb nicht nur mit ihren Werken, sondern auch mit je einem Artefakt vertreten, das auf eine ihrer Neben- bzw. Haupttätigkeiten hinweist. Nur knapp drei Prozent aller AbsolventInnen von Kunsthochschulen finden mit Kunst allein ihr auskommen. So ist hier nicht nur ein kleines soziologisches Panorama entstanden, aus dem zu erfahren ist, was KünstlerInnen sonst so machen. Auch die Frage, wie dieses Sonstige sich zur Kunst verhält (und vice versa), drängt sich auf. So mancher als Artefakt ausgestellter Gegenstand jedenfalls übertrifft das ein oder andere Kunstwerk an konzeptueller Intelligenz und selbst nach ästhetischen Maßstäben bei weitem. Gustav Starzmanns "Aktenpaket Bayrischer Landtag 1982-2003 und Eisennagel" beispielsweise, bei dem der Letztere das Erstgenannte ganz unbürokratisch durchschlagen hat. Oder das "Skizzenbuch. Zeichnungen zu Ausstellungsbesprechungen 1986-2004" von Wolfgang Richter, das nicht nur die gegenseitigen Abhängigkeiten im Kunstfeld, sondern auch die Trennung von Produktion und Rezeption in Frage stellt. Aber auch ein in grün gehaltenes Bild zweier tätiger Menschen in Acryl auf Leinwand (Petra Polli) kann diese Selbstreflexion auslösen. Und das dazu gehörige Artefakt (ein Päckchen Pastellkreide für Straßenmalerei) lässt schließlich sogar wieder an der postoperaistische These zweifeln. Konsistenter ist eine Jahresausstellung wohl kaum zu machen.
Mehr Texte von Jens Kastner

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Zwischendurch: Diverse Tätigkeiten
08.12.2006 - 04.02.2007

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