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Im Land der Barbaren

Tamiko Thiel (D/USA) gilt weithin als maßgebliche Medienkünstlerin. Sie studierte an der Stanford University, am Massachusetts Institute of Technology und schließlich an der Akademie der Bildenden Künste in München. Von da aus agiert sie seit langem international. Ihre jüngste Arbeit "The Travels of Mariko Horo: In the Land of Babarian" führte sie im August 2006 im San Jose Museum of Art in Silicon Valley, Kalifornien erstmals auf. Die Europapremiere fand vom 10. bis 12. November im Rahmen von DANCE 2006 in München statt. Die an sich virtuelle Arbeit wurde dafür um eine performative Komponente erweitert. Zu sehen war eine geglückte Vermischung konstruierter Geschehnisse und realer Körper. Das Stück MARIKO HORO erlaubt zunächst die Nutzung der Phantasie einer zeitreisenden japanischen Künstlerin, die sich den Westen vorstellt. Es entstand eine Gegenfigur zu Marco Polo und dessen Nachfolgern, zu deren Zeiten Japan von portugiesischen Kolonialbestrebungen ebenso geprägt, wie von jesuitischen Christianisierungsversuchen bedrängt wurde. Den Handlungsort bildet die Lagune von Venedig, die - formal generiert - sich in beinahe endlosen Überlagerungen immer weiter verdichtet. Die Entscheidung, einzelne Elemente durch stetige Wiederholung in wahre Bildströme zu verarbeiten, geben dabei dem Geschehen sowohl Unentrinnbarkeit wie Dynamik. Die Vermischung japanisch-buddhistischer und byzantinisch-orthodoxer Bildquellen prägt die visuelle Ästhetik der Arbeit, die durch die bearbeiteten Themen noch an Dramatik gewinnt. Am Ende wird die fröhliche Farbigkeit bedrohlich und religiös übermächtig. Für die Performance wurden Teile der Arbeit als lineare Bildwelten projiziert und zwei japanische Butoh-Tänzer individualisierten das Geschehen. Auch dies scheint Teil eines stringenten Konzeptes zu sein, gilt Butoh doch als Variation des deutschen Ausdruckstanzes und als zeitgenössische Antwort auf Hiroshima. Dementsprechend wurden Schatten - auch im Sinne Dantes - zu einem zentralen Element. Tamiko Thiel generierte zwei parallele Wahrnehmungsebenen, die in ihrer Eigenständigkeit wie auch wechselweisen Durchdringung funktionierten und MARIKO HORO ist damit ein gleichermaßen politisch, kulturell wie formal sehr interessantes Medienkunstprojekt. www.mission-base.com/tamiko
Mehr Texte von Ursula Hentschläger

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