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Das Schöne mit dem Nützlichen verbinden

Paris hat ein neues altes Museum im Louvre, und was für eins! Mit großem Pomp wurde Ende vergangener Woche über mehrere Tage hinweg das Musée des Arts décoratifs eingeweiht, das sich das Motto: "Das Schöne mit dem Nützlichen verbinden" auf die Fahnen geschrieben hat. Nach einer fast zehnjährigen Renovierung und Erweiterung im Umfang von 35 Millionen Euro verfügen die in ihrer ursprünglichen Architektur wieder hergestellten Marsan- und Rohan-Flügel des Louvre über eine Ausstellungsfläche von 9.000 Quadratmetern. Die Fülle der Exponate ist so überwältigend wie die Besucherführung wegen des wohl überraschend anberaumten Öffnungstermins nicht ganz rechtzeitig fertiggestellten Museums irritierend. Das Erdgeschoss beeindruckte zur Eröffnung vor allem durch ein enormes Maß an freien Kapazitäten. Auch ist das oberste Stockwerk noch nicht zugänglich, während sich ein zweiter Gebäudeflügel vor den Besuchern versteckte. Bei insgesamt 150.000 Ausstellungsstücken quer durch alle Bereiche abendländischen Kunsthandwerks und Designs empfiehlt sich allerdings ohnehin eine mehrtägige Entdeckungsreise. Denn der Besuch versorgt den Kulturhungrigen nicht nur mit angewandter Kunst. Unter den zahlreichen gestifteten Sammlungen, die den Bestand bilden, befinden sich auch mittelalterliche Skulpturen und Malerei des 15. bis 20. Jahrhunderts. So werden etwa ohne viel Aufhebens Nachbauten repräsentativer Räume mit Cranach-Gemälden dekoriert. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf jeder Art von Kunsthandwerk. In chronologischer Abfolge wird vor allem französische Alltagskultur auf höchstem Niveau in stilvollem Ambiente vorgeführt. Die Anzahl höfischer Möbel in atemberaubender Qualität dürfte wohl einzigartig sein. Ab dem 19. Jahrhundert wird es dann bürgerlicher, wenngleich nicht weniger edel. Die nachgebauten Salons sind angefüllt mit Arbeiten der einschlägigen Manufakturen, Tischler und Ebenisten. Mit dem 20. Jahrhundert halten Design und Massenproduktion Einzug. Neben Spielzeug seit der Jahrhundertwende und Merchandising-Produkten asiatischer Provenienz gibt es auch einen Raum, in dem Computerspiele-Klassiker präsentiert werden. Das Museum bietet mit der ansprechenden Präsentation und der schieren Materialfülle einen höchst vergnüglichen Einblick in Hoch- und Alltagskultur des Abendlandes, besonders des französischen, nimmt aber bedauerlicherweise keinerlei Rücksicht auf auswärtige Besucher. Wer die Landessprache nicht beherrscht, sollte sich dem Audioguide anvertrauen, der im Eintrittspreis inbegriffen ist und möglicherweise auch Deutsch spricht, wenn die Geräte eines Tages eingetroffen sein werden.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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