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Als Wien einmal Weltstadt wurde

Es war nicht nur der erste wirklich großstädtische Wohnhauskomplex Wiens. Von Anfang an war das "Hochhaus Herrengasse" mit seinen bescheidenen 13 Stockwerken auch ein Statement. Hier zu wohnen war so ziemlich das Allerschickste. Das Sortiment reichte von kleinen Einraumwohnungen für berufstätige Junggesellinnen bis zur großzügigen Arztwohnung mit opalglasverkleideter Praxis. Im 6. Stock Psychoanalyse, im 7. Turnen und Kosmetik, im Parterre Fotolabors, Delikatessengeschäfte und eine Bauberatungsstelle. Abends begab man sich aufs verglaste Dach zum Speisen und Tanzen mit privilegiertem Blick über den ersten Bezirk und auf den Stephansdom. Für den Entwurf des "Hochhauserls" zeichneten die Architekten Theiß & Jaksch verantwortlich, die nach Phasen des Heimatschutzes und Expressionismus gerade zur Moderne aufschlossen. Das Hochhaus zählt zu ihren besten Arbeiten. Unter dem Promi-Mietern waren Dutzende Burgschauspieler und Architekten wie Max Fellerer, der in seiner Wohnung während der Nazizeit widerständische Zirkel veranstaltete. Viele Erstbewohner waren da schon lange emigriert. Nach dem Krieg ließ der Zustrom zum Dachterrassen-Restaurant nach, die verglasten Ebenen wurden zu Wohnungen umgebaut. Vom verblichenen Glamour des Mikrokosmos Herrengasse, in dem immer noch Arztpraxen, Redaktionen, Grafik- und Architekturbüros beheimatet sind, ist noch etwas zu spüren. Dank Denkmalamt und umsichtiger Eigentümer ist das hochelegante Haus mit seinen französischen Fenstern und der filigranen Glas-Alu-Geschäftsfront in gutem Zustand. Die runde Vitrine vor dem Eingang, die zuerst Schauraum einer Galerie, dann Espresso, dann umgebaut war, wurde rekonstruiert und vom Wien Museum unter der Kuratierung von Isabel Termini mit einer von RAHM Architektur gestalteten Dokumentation zum Haus bestückt. Blickfang ist ein Modell des Baus, das sich um sich selbst dreht. Wann kann man endlich wieder am Dach tanzen?
Mehr Texte von Iris Meder †

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