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Marcin Maciejowski - I used to live in Vienna: Malen nach Klimt, Ich bin Marcin Maciejowski begegnet

Oh pardon, wie konnte nur diese Verwechslung passieren, natürlich bezieht sich das Zitat "I Used to Live in Vienna, Now I Live in L.A." nicht auf den Wohnsitz des jungen polnischen Malers Marcin Maciejowski, der befindet sich nach wie vor in Krakau, sondern auf die in die USA emigrierte Klimt Erbin Maria Altmann. Dieses Zitat findet sich als comicartige Sprechblase in jenem Ölbild wieder, in dem Maciejowski auf die kulturpolitische Affäre und das Medienspektakel rund um die Restitution der begehrten "Goldene Adele" reagiert. Ob nun als Politskandal, als Statement über das mangelnde kulturelle Interesse von PolitikerInnen oder als verborgener Hinweis darauf, dass sich das mittlerweile teuerste Kunstwerk der Welt außer Landes im fernen New York befindet, Malerei funktioniert hier als ein konzeptuelles Verweissystem. Seinen Wienaufenthalt und die intime Nähe zu Gustav Klimts Werken als "artist in residence" der Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere nützte Marcin Maciejowski zu einem indexikalischen Dechiffrieren von dessen Zeichnungen der Friederike Maria Beer in beinahe detektivischer Manier. Gleichzeitig wird die Fetischisierung bestimmter geschichtlicher Prozesse auf ihre Anekdotenhaftigkeit überprüft und deren historische Kontingenz aufgerüttelt. Wie lassen sich durch den Stil Rückschlüsse auf eine erotomane, sexuelle oder bloß voyeuristischen Beziehung zwischen dem Maler Klimt und seinem Modell herstellen? Mit der gleichen Plausibilität mit der Maciejowski dem Künstler/Muse Verhältnis im Fall Klimts begegnet, verfährt er in eigenen Angelegenheiten. In einen widerwilligen Voyeurismus zweiten Grades geraten wir als BetrachterInnen, wenn uns der Maler aus sicherer Distanz auf seine eigene Muse Litka loslässt, die als Kindfrau Lolita posiert und wie bereits Stanley Kubrick in seinem gleichnamigen Film die Machtverhältnisse durch laszive Entgegnungen umkehrt. Der Hang zur Banalität und eine bisweilen zu narrative Übersetzung filmischer Sujets wie in seinen Bildern von Brigitte Bardot und Claudia Cardinale als Westernheldinnen stimmen allerdings skeptisch. Es ist, als ob der Künstler während des Malens den Blickwechsel zwischen sich als Produzenten und dem Rezipienten außerhalb einfängt, darauf reagiert - auch emotional und irgendwie fühlt man sich ertappt. Selbst für den von der Medienkultur weiterhin propagierten Jugend- und Schönheitswahn hat Marcin Maciejowski eine Lösung parat. Anstelle von Gesichtern werden weiße Ovale als Masken der Jugend geblendet, die eine Projektionsfläche für den individuellen Tauschhandel bieten. Eine derartige Referenzlastigkeit vermag zwar ästhetische Beschränkungen geschickt zu überwinden, gelangt allerdings bisweilen in die Gegenden eines romantischen Konzeptualismus und setzt zu sehr auf dessen anregende Wirkung.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst

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Marcin Maciejowski - I used to live in Vienna
13.09 - 31.10.2006

Galerie Meyer Kainer
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
Tel: +43 1 585 72 77, Fax: + 43 1 585727788
Email: contact@meyerkainer.com
http://www.meyerkainer.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-15h


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