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Wir sind wer?

Deutschland hatte es ja letztes Jahr ziemlich leicht. "Wir sind Papst" titelte "Bild". Dass sich allerdings am nächsten Tag gleich alle Deutschen als Pabst fühlten, das war schon etwas übertrieben. Aber was soll`s, wie oft bringt unser Nachbarland schon einen Papst bis nach Rom. Da muss man schon ein bissl nachsichtig sein. Gewurmt hat es uns trotzdem. Immerhin - wir waren nicht diejenigen, die Papst waren. Aber jetzt haben wir es ihnen endlich heimzahlen können. "Wir sind Netrebko". Das zeigt jetzt endlich wer wir wirklich sind. Ich meine was ist schon ein Papst gegen die Netrebko. Da geht einfach nichts mehr drüber. Ein Papst ist auch nur ein Papst, selbst wenn sich alle Deutschen darin verbarrikadieren - aber "Wir sind Netrebko". Wir - das Kulturland schlechthin - haben sie uns ganz locker geschnupft - mit Haut, Haar und Gesang. Also sind wir sie. Mit vollstem Recht. Wir, die wir dank unseres unglaublichen Musikverständnisses dieses koloratürliche Superweib gleichsam aus dem Nichts erschaffen haben - wir haben selbstverständlich jedes nur erdenkliche Recht Netrebko zu sein. Und zwar ohne wenn und aber und mit unserem ganzen inbrünstigen Mozartherzen. Natürlich ist sie eine Russin. Na und. Sie ist es die längste Zeit gewesen. Wir haben ihr die Staatsbürgerschaft ja nicht umsonst aufgedrängt. Jetzt ist sie ganz wir und wir sind endlich sie. Und zwar ganz legitim. Wer will uns da noch daran hindern der Welt zu verkünden, dass wir daran denken Österreich in Netrebkoland umzubenennen. Die Russen vielleicht? Da lachen wir ja nur ganz kurz und befreit auf. Der Journalist übrigens, der vor einigen Tagen in seiner Redaktion die Schlagzeile "Wir sind Lassnig" angeregt hat, ist selbstverständlich mit vollem Recht fristlos entlassen worden. Da könnte ja der nächst Beste vielleicht herum grölen "Wir sind Nitsch". Nicht auszudenken. Staatsoper hin oder her. Wir sind ja schließlich kein Kunststaat. Wir sind ein Kulturstaat. Und zwar ein olympisch herausragender.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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