Rainer Metzger,
Witzige Bilder
Bilder sind nicht unbedingt das Medium fürs Lustige. Da eignen sich Bücher besser und vor allem Filme, jene Gattungen also, deren Essenz im Erzählerischen liegt. Immer wieder versuchen es trotzdem Ausstellungen, Scherz, Satire und Ironie mit der tieferen Bedeutung bildnerischer Präsenz in Einklang zu bringen. "Lieber Maler, male mir" vor einigen Jahren in der Kunsthalle Wien war so eine Ausstellung. "Nothing But Pleasure" jetzt in der BAWAG Foundation ist auch so eine. Aus aktuellem Anlass hier also eine Liste, die ganz unvollständigen und ganz persönlichen Top Ten an witzigen Bildern. Quer durch die Epochen, in chronologischer Folge.
Tintoretto, Vulkan überrascht Venus und Mars
Der Alte rauscht herein, blickt seiner Gemahlin zwischen die Schenkel und übersieht vor lauter Rage den Nebenbuhler, der unterm Bett liegt: Ein Klassiker der Comedy, hier gleich gültig inszeniert
Rembrandt, Ganymed
Jupiter, ganz Adler, hievt den Liebling zu sich hoch in den Himmel; der Liebling ist noch ein ziemliches Baby, hat fürchterliche Angst und zieht eine Pisch-Spur hinter sich her: Die Götter-Versammlung in ihrer gelinden Menschlichkeit
Joshua Reynolds, Garrick zwischen Komödie und Tragödie
Das bezauberndste Bild der Kunstgeschichte: David Garrick, der Begründer der modernen Schauspielkunst, am Scheideweg zwischen einer streng deklamierenden, den Pfad der Tugend anmahnenden Dame Tragik und einem neckisch lächelnden, koketten Landmädchen Lustspiel
Anton Raphael Mengs, Jupiter und Ganymed
Ganz schwules PinUp, gedacht, Winckelmann, den Begründer einer homoerotischen Ästhetik, bei seiner ureigenen Disposition zu erwischen: Es gelang vortrrefflich, und Mengs` Antiken-Fake firmiert unter der Kunst des Altertums.
Carl Blechen, Im Palmenhaus
Orientalisch dekorierte Damen im chinesisch dekorierten Pavillon unter Palmen in Blumentöpfen: Die Exotik-Träume der frühen Bourgeoisie wie aus dem Quelle-Katalog
Max Ernst, Die Jungfrau Maria züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen
Blasphemie hilft immer; der gut nazarenische Habitus der Heiligenbildchen ist aus der Fasson geraten, das Christkind braucht Erziehung und bekommt unter den strengen Blicken von André Breton und zwei weiteren Päpsten des Surrealismus ein paar auf den nackten Popo; der Heiligenschein liegt gekränkt am Boden
Pablo Picasso, Stierschädel
Eine genialische Geste des Klassikers: Fahrradsattel und Fahrradlenker fügen sich zur atavistischen Figur, die Moderne der Fortbewegung arbeitet sich ab an der Emblematik eines immerwährenden Spanien
Sigmar Polke, Höhere Wesen befahlen
Es beginnt die Zeit der Text-Bilder; der "Tod des Autors" ist außerdem ausgerufen, also bedarf es der Ausserirdischen, um zu gewährleisten, dass ein weißes Bild zu seinem schwarzen Dreieck rechts oben kommt.
Georg Herold, Goethe-Latte
Eine Dachlatte, 2,10 Meter hoch, darauf in grober Schrift: "Goethe"; daneben eine zweite Latte, 60 cm, ebenfalls mit Schrift: "Irgendein Scheißer"; das Sinnbild für die Unterwerfungsgesten vor dem Kanon
Martin Kippenberger, Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz erkennen
Grobes Gepinsel irgendwie in Grau und Rot, balkenartige Motive, ziemlich unidentifizierbar; dazu der Titel: Kippenberger, der Weltmeister des Witzes, at his best.
Mehr Texte von Rainer Metzger