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Jakob Kolding: Raumbrüche

Obwohl die Fotocollage - oder besser: die Collage überhaupt - einen unschätzbaren Einfluss auf das, was danach kam, hatte, scheint sie in der heutigen künstlerischen Praxis beinahe vergessen. Und wenn jemand Fotografie montiert, dann lieber mit Hilfe diverser Bildbearbeitungsprogramme - mit Schere und Klebstoff ans Werk zu gehen, diese Mühe macht sich heute fast niemand. Eine im Wortsinn eigenhändig hergestellte Fotomontage erscheint längst anachronistisch. Dass Jakob Kolding sie benutzt, liegt unter anderem an dem Thema, das ihn seit jeher beschäftigt, nämlich den öffentlichen Raum - konkret stellt er die Frage, welche Öffentlichkeit Stadtplanung und jene modernistischen Utopien der 50er- und 60er-Jahre schaffen oder ermöglichen. Da bricht etwa ein Spiderman durch einen Masterplan, verkündet großsprecherisch "I got three hundred reasons to prove you wrong" und wird dabei von zwei leicht gelangweilten Jugendlichen beobachtet. Anderswo steigt Kolding in die Stapfen des agitatorischen John Heartfield, wenn er etwa über Häuserschluchten mit raufenden Jugendlichen davor statistische Daten zur Erhöhung von Mietpreisen angibt. Oder er zeigt formale Parallelen zwischen Soundpatterns und Straßenknotenpunkten auf. Das Aufbrechen des euklidisch konstruierten "realen" Raums, das die Fotomontage in Folge des synthetischen Kubismus so radikal vollzog, findet ihre Entsprechung in den ineinanderfallenden und -brechenden urbanen Räumen. Dazu passt, dass die Collage Koldings Brüche ganz im Sinne der historischen Avantgarde bewusst stehen lässt. Kolding baut seine kleinen Fotoschnipsel aber auch in (fiktive) Modelle von öffentlichen Plätzen ein, krakenartig sich ausbreitende Konstruktionen, zwischen denen mal die Vorreiter seines Mediums (wie etwa Hannah Höch), dann wieder Angaben zu Wohnungspreisen hervorlugen. Obwohl Kolding die plakativen Mittel der Fotocollage nutzt, sind seine Arbeiten nie platt oder simpel. Und obwohl sie die formalen Kriterien historischer Montage aufnehmen und reflektieren, sind sie nie rückwärtsgewandt. Das schafft nur jemand, der sein Medium beherrscht.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Jakob Kolding
09.06 - 22.07.2006

Galerie Martin Janda
1010 Wien, Eschenbachgasse 11
Tel: +43 1 585 73 71, Fax: +43 1 585 73 72
Email: galerie@martinjanda.at
http://www.martinjanda.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-16h


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