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black/white & chewing gum: Spirit der Überdehnung

Während Museen oder Kunsthallen oft ein Kollektiv von KuratorInnenen brauchen, um einen Überblick über einen kurzen Abschnitt der Kunstgeschichte vertretbar zu präsentieren, üben sich derzeit Künstler als Kuratoren erfolgreich im Alleingang. Dabei wirkt das Spektrum der präsentierten KünstlerInnen sowie die Referenzbreite ihrer Werke nicht geringer, wie dies die von Gerold Miller zusammengestellte Ausstellung "black/white & Chewing Gum" in der Galerie Krobath Wimmer beweist. In Kategorien wie Licht und Dunkelheit haben schon biblische Dichter nachgedacht. Zurzeiten radikaler Concept-und Minimal-Art hat man anhand der Weltliteratur begonnen, die Unterscheidung von Weiß und Schwarz als die Unterdrückung der schwarzen durch die weiße Kultur zu erfassen. Ähnlich dem von Nietzsche geschaffenen Ikonoklasten Zaratustra, verlangten die Fürsprecher der schwarzen Ästhetik eine neue "Gesetzestafel", um Schwarz als "beautiful" gelten zu lassen. Die formale Strenge verlieh der Neuerkenntnis ihre Stringenz. Was bedeutet es heute aber, wenn Saâdane Afif, ein französischer Künstler "die mobile Malerei" eines anderen Künstlers und ehemaligen rumänischen Staatsbürgers in Paris, Andre Cadere - als "Stalaktiten" in reproduziertem Schwarzgrauweiß mit konzeptueller Grazie von der Decke der Galerie hängen läßt? Möchte er die jeweilige Formstrenge dematerialisieren, kommentieren oder eine "plastische" Überdehnung der Formen im Medienzeitalter bekunden? Julian Dashper, ein anderer Enthusiast der formalen Übersteuerung läßt aus dem Hard-Edge Formenvokabular als dessen Ruine nur ein einsames schwarzes Partikel auf der weißen Leinwand gelten. Dem Logo einer Sportmarke nicht unähnlich. Philippe Decrauzat entstellt amorph bekannte Op-Art Effekte und das mit digitalen Mitteln. Der Favorit des Kurators, Anselm Reyle produziert einen versilberten Bronzeguß mit Füßchen- und Handabdruck als posttachistischen Hochglanzgnom. Bei Ugo Rondinone implodiert dagegen die Magie der schwarzen Rundform, zwischen Kenneth Noland und Anish Kaapor schwankend. Die einzige Künstlerin der Ausstellung, Esther Stocker hat die Auslagenfenster der Galerie zu einer aus ihrer Malerei bekannten Bildkomposition umfunktioniert, wobei sich die Intensität des Schwarz je nach Wetter und Licht ändert. Falls es in dieser Ausstellung um das Überdehnen des politischen Raumes gehen soll, dann bloß als eine unverbindliche subjektive Projektionsfläche. Kelly Walkers "Black Star Press" - eine Reminiszenz an Warhols Pressebilder zeigt eine Retroszene aus dem Kampf um Zivilrechte, die er mit brauner Schokolade konvulsiv beschmierte. Sie verbreitet aus der Nähe einen etwas süßlich-säuren Duft.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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black/white & chewing gum
09.06 - 29.07.2006

Galerie Krobath
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
Tel: +43 1 585 74 70, Fax: +43 1 585 74 72
Email: office@galeriekrobath.at
http://www.galeriekrobath.at/
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-15h


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